OLG Frankfurt entscheidet im Streit um nachgeahmte Plastikuhren (Swatch)

Es kann wettbewerbswidrig sein, nachgeahmte „Plastikuhren“ zu vertreiben, auch wenn die Uhren vom Nachahmer anderweitig markenähnlich gekennzeichnet wurden. Das OLG Frankfurt am Main sah die Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung. Es verurteilte einen Anbieter nachgeahmter Uhren, den Vertrieb dieser Uhren zu unterlassen.

nachgeahmte Uhren mit sehr bekanntem Vorbild (Swatch-Uhren)

Die Klägerin des Verfahrens vertreibt seit 1983 aus Kunststoff hergestellte Uhren (Swatch). Die in Rede stehende Modellserie wird in verschiedenen Designvarianten vertrieben. Hinsichtlich der farblichen Gestaltung der Uhren arbeitet die Klägerin auch mit zeitgenössischen Künstlern zusammen. Ihre Uhren sind ab einem Preis von 63,00 € erhältlich. Die Beklagte bot ihrerseits über die Plattform Amazon Plastikarmbanduhren in unterschiedlichen Farben zu Preisen zwischen 12,48 € und 13,67 € an. Die von der Beklagten angebotenen Uhren verfügten über aufgedruckte Kennzeichnungen auf dem Ziffernblatt, die von den klägerischen Bezeichnungen abweichen.

gesteigerte wettbewerbliche Eigenart der Original-Urhren

Eine Klage auf Unterlassen des Anbietens der in der Berufung gegenständlichen Uhrenmodelle hatte die Vorinstanz noch abgewiesen. Vor dem OLG Frankfurt hatte die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte nun Erfolg (Urteil vom 17.2.2022, Az. 6 U 202/20). Das OLG urteilte, der Vertrieb der Uhren stelle eine unlautere Nachahmung der klägerseitigen Uhrenmodelle dar. Dem Uhrenmodell der Klägerin komme eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart zu. Bei den nachgeahmten Modellen handele sich um „eine sehr reduzierte Uhrenserie zu einem vergleichsweise günstigen Preis aus einem damals für Uhren ungewöhnlichen Material … nämlich Plastik“. Aufgrund der hohen Bekanntheit des Produktes sei hier von einem gesteigerter Grad an Eigenheit auszugehen. Diese wettbewerbliche Eigenart werde nicht durch „wahllos“ von der Beklagten herangezogene andere „Plastikuhren“ in Frage gestellt, die mit dem klägerischen Modell außer dem Material nicht viel Gemeinsames hätten.
Bei den Modellen der Beklagten handele es sich auch um nachgeahmte Uhren. Nahezu sämtliche die Eigenart begründenden Merkmale seien von ihr übernommen worden.

Herkunftstäuschung trotz abweichender Kennzeichung auf dem Ziffernblatt der Uhren

Die von den Originalen abweichende Kennzeichnung auf dem Ziffernblatt der Uhren schließe zwar eine unmittelbare Herkunftstäuschung aus. Es liege aber eine sog. mittelbare Herkunftstäuschung vor. So sei es auf dem Uhrenmarkt üblich, dass mit Zweitmarken operiert werde. Auch würden Uhren oft über Lizenzverträge für bekannte Mode- und Sportartikellabel hergestellt. Die abweichenden Kennzeichnung werde vom Verkehr daher so verstanden werden, als bestehe eine lizenzrechtliche Beziehung zur Klägerin oder als läge eine Zweitmarke vor.

Rufausbeutung durch nachgeahmte Uhren

Zudem beute die Beklagte den guten Ruf der Klägerin aus, so das OLG. Unerheblich sei hierbei, dass es sich bei der nachgeahmten Uhr nicht um ein Luxus-Objekt handele. Auch niedrigpreisige Produkte könnten einer Rufausbeutung unterliegen, wenn der Verkehr ihnen eine besondere Wertschätzung entgegenbringe. Die fraglichen klägerseitigen „Plastikuhren“ genießen einen außerordentlichen Ruf, so das OLG. Sie seien „das Synonym für die Produktgruppe der „Plastikuhren“, die die Klägerin erstmals großflächig auf den Markt gebracht hat“. An dieses positive Image habe sich die Beklagte ohne Grund in so starkem Maße angelehnt, dass sie „unlauter an der von der Klägerin durch eigene langjährige Anstrengungen am Markt erworbenen Wertschätzung“ profitiere.

Rechtsanwalt Otto Freiherr Grote aus Düsseldorf berät seit mehreren Jahren persönlich zahlreiche Mandanten bundesweit in Fragen des geistigen Eigentums und des Wettbewerbsrechts. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, entweder per E-Mail unter kontakt@das-gruene-recht.de oder telefonisch (Tel.: 0211-54 20 04 64). Lesen Sie weitere Beiträge zu diesem Thema in unseren News.