Die Beste, der Größte, das Schnellste: Spitzenstellungswerbung wirkt. Doch wer mit einem Superlativ wirbt, muss tatsächlich über einen deutlichen und dauerhaften Vorsprung vor den Wettbewerbern verfügen. Das LG Osnabrück bewertete nun eine Werbung als „sichtbarste Agentur Deutschlands“ als unzulässig.
Spitzenstellungsbehauptung bei der Suchmaschinenoptimierung
Welches Unternehmen behauptet nicht gerne von sich, das leistungsfähigste Produkt, den besten Kundendienst, die schnellste Lieferung etc. zu haben. Doch unter welchen Umständen ist eine solche Spitzenstellungsbehauptung gestattet? Eine Suchmaschinenagentur hatte im Internet mit folgenden Aussagen für sich Werbung gemacht:
- Deutschlands sichtbarste SEO-Agentur
- xxx die sichtbarste Agentur Deutschlands
Nachdem sie aufgrund dieser Werbeaussagen abgemahnt wurde, weigerte sich die Agentur, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Der Rechtsstreit landete vor Gericht. Die beklagte Agentur stellte sich auf den Standpunkt, der Begriff „sichtbarste“ habe bereits keinen eindeutigen Inhalt. Er werde von den angesprochenen Verkehrskreisen daher als nichtssagend bzw. als eine objektiv nicht nachprüfbare Aussage aufgefasst. Außerdem behauptete die Agentur, die Werbeaussage sei wahr. Dies sei durch die Auffindbarkeit bei Google auf Platz 1 belegt. Außerdem habe sie bei „Agenturtipp.de“ die Wahl zur sichtbarsten Agentur gewonnen.
LG Osnabrück: irreführende Spitzenstellungsbehauptung
Das LG Osnabrück (Urteil vom 23.03.2023, Az. 11 O 2077/22) gab der auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten gerichteten Klage statt. Das Gericht sah in den angegriffenen Aussagen eine unlautere Spitzenstellungsbehauptung. Eine solche Spitzenstellungs- oder Alleinstellungsbehauptung liege vor, wenn die Werbung von einem erheblichen Teil des Publikums dahingehend verstanden wird, dass der Werbende für sich allein eine Spitzenstellung auf dem Markt in Anspruch nimmt. Eine soche Behauptung sei aber nur zulässig, wenn sie auch wahr sei. Hierzu müsse aber eine wirtschaftlich erhebliche Sonderstellung bestehen. Zudem müsse ein deutlicher Vorsprung vor den Mitbewerbern bestehen. Dieser erhebliche Vorsprung müsse schließlich auch die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bieten.
Begriff „sichtbar“ betrifft den Wesenskern der Suchmaschinenoptimierung
Im SEO-Bereich beziehe sich, so das Landgericht, der Begriff „sichtbarste“ auf die eigene Auffindbarkeit einer Agentur bei Suchmaschinen. Es gehe um die jeweilige Position des Suchergebnisses. Die Aussage betreffe damit den eigentlichen Wesenskern der Suchmaschinenoptimierung. Potentielle Kunden würden die Werbeaussage so verstehen, dass dem Werbenden tatsächlich eine solche Alleinstellung zukommt. Für die Nachprüfbarkeit der Werbeaussage spreche auch, dass es zahlreiche Rankings gibt, die sich mit der Sichtbarkeit von SEO-Agenturen befassen. Auf ein solches Ranking beziehe sich die Beklagte sogar selbst.
keine ausreichende Stetigkeit des behaupteten Vorsprungs
Das Landgericht zeigte sich nicht davon überzeugt, dass die Beklagte tatsächlich die von ihr behauptete Spitzenstellung einnimmt. Dies ergebe sich bereits nicht aus der einmaligen Spitzenposition bei einem Ranking. Auch die zweimalige Einnahme der Spitzenposition bei den Google-Suchergebnissen (zumal mit nur einem Suchbegriff) sei nicht geeignet, die Stetigkeit des behaupteten Vorsprungs zu belegen. So sei bekannt, dass die Positionierung der Suchergebnisse bei Suchmaschinen häufigen Schwankungen und einem hohen Konkurrenzdruck unterliege.
Sie haben Fragen zur Zulässigkeit von Alleinstellungs- oder Spitzenstellungswerbung? Eine Übersicht über zahlreiche Urteile, die sich mit der Zulässigkeit entsprechender Aussagen beschäftigen finden Sie hier.
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