Die Behauptung, am Markt eine Spitzenstellung einzunehmen, ist ein wirksames Mittel, Kunden auf sich aufmerksam zu machen und von Konkurrenten wegzulocken. „Die Beste“, „der Größte“, „der Günstigste“ – die Versuchung ist groß, sich in der Werbung einer Spitzenstellung zu berühmen. Nicht selten stellen sich die Superlativ-Behauptungen jedoch als irreführend heraus. Es liegen zahlreiche Gerichtsentscheidungen vor, die sich mit der Zulässigkeit von Alleinstellungs- und Spitzenstellungswerbung befassen. Ein Überblick:

Spitzenstellungswerbung: Abgrenzung zu bloß reklamehafter Werbeanpreisung

Nicht jede Verwendung eines Superlativs ist automatisch auch eine Spitzenstellungswerbung. Die Rechtsprechung berücksichtigt, dass Superlative in machen Fällen vom angesprochenen Publikum als eine bloß reklamehafte Überteibung wahrgenommen wird. Hierin liegt dann bereits keine verbindliche Aussage über eine tatsächliche Spitzenstellung sonder ein zulässiges Werturteil in Form einer reklamehaften Werbeanpreisung.

Deutlicher Vorsprung von einiger Stetigkeit erforderlich

Dort, wo jedoch in einer Werbeaussage die Behauptung einer Spitzenstellung liegt, muss diese Aussage, um zulässig zu sein, folgende Voraussetzungen erfüllen:

  1. die Aussage muss wahr sein
  2. Es muss ein deutlicher Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern bestehen
  3. Der Vorspruch bietet die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit.

Dort, wo diese Kriterien nicht erfüllt sind, besteht die Gefahr einer Irreführung gem. § 5 UWG.

Beispiele aus der Rechtsprechung zur Spitzenstellungswerbung

Viele Gerichte haben sich schon mit der Frage der Zulässigkeit von Alleinstellungs- oder Spitzenstellungsbehauptungen befasst. Nachfolgend finden Sie einen Überblick über hierzu ergangene Gerichtsentscheidungen.

„Das Beste jeden Morgen“ ist zulässige Werbenpreisung

Bei dem Slogan „Kellogs – Das Beste jeden Morgen“ im Zusammenhang mit Frühstücksprodukten stellt lediglich eine reklamehafte Werbeanpreisung dar. Es wird nicht erkennbar, dass sich die Bezeichnung „Das Beste“ hier von Produkte der Wettbewerber absetzen soll. Außerdem wird der Superlativ durch die Ergänzung „jeden Morgen“ noch verallgemeinert. BGH, Urteil vom 03.05.2001 – I ZR 318/98

Beste „SEO Agentur Deutschlands“ unzulässige Spitzenstellungsbehauptung

Die Werbeaussage ist erkennbar auf die angebotenen Leistungen im Berich der Suchmaschinenoptimierung bezogen. Auch eine über zwei Jahre zurückliegende Verleihung eines Preises rechtfertigt nicht die Bezeichnung als Beste SEO Agentur Deutschlands. LG Müchen, Urteil vom 29.07.2022 Az. 33 O 2097/21)

„Simply the Best“ als Slogan für Rasierer unzulässig

Die Bewerbung eines Nassrasiererapparates mit dem Slogan „Simply the Best“ stellt eine unzulässige Alleinstellungsbehauptung dar. Die Eigenschaften, die die Qualität eines Rasierers ausmachen, lassen sich objektiv bestimmen. OLG Hamburg, Urteil vom 10.12.2008, Az. 5 U 129/07)

„Deutschlands sichtbarste SEO-Agentur“ ist irreführende Spitzenstellungsbehauptung

Das Landgericht war nicht davon überzeugt, dass die werbende Agentur hier wirklich die von ihr behauptete Spitzenstellung einnahm. Die einmalige Spitzenposition bei einem Ranking rechtfertige eine solche Aussage jedenfalls nicht. Auch dass die Agentur in zwei Beispielen (mit einem Suchbegriff) die Spitzenposition bei den Google-Suchergebnissen eingenommen hatte, sei nicht geeignet, die Stetigkeit des mutmaßlichen Vorsprungs zu belegen. Es sei hinlänglich bekannt, dass die Reihenfolge der Suchergebnisse bei Suchmaschinen häufigen Schwankungen sowie einem hohen Konkurrenzdruck unterliegen. Urteil des LG Osnabrück vom 23.03.2023, Az. 11 O 2077/22)

„Deutschlands Nr. 1 für Werbeartikel“ ist unzulässige Behauptung der Marktführerschaft

Die Aussage „Nummer 1“ wird nicht nur als reklamehafte Übertreibung oder Anpreisung ohne Tatsachengehalt aufgefasst. Sie wird mit der Marktführerschaft gleichgesetzt und beinhaltet damit eine Alleinstellung. OLG Frankfurt a. M. Urteil vom 12.06.2014 – Az.: 6 U 64/13

„Zum führenden Anbieter aufgestiegen“ unzulässige Spitzenstellungswerbung

Der Verkehr erwartet vom führenden Anbieter eine deutliche Überlegenheit gegenüber den Mitbewerbern u. a. hinsichtlich der Umsatzzahlen, was die Werbetreibende hier nicht zu beweisen vermochte, LG Köln, Urteil vom 14.06.2005, Az. 33 O 97/05

„Die Nr. 1* – kann zulässig sein, wenn Sternchenhinweis hinreichend aufgelöst wird

Die Bezeichnung Nr. 1 kann verschiedene Anknüpfungspunte haben. In der Auflösung des Sternchens sei vorliegend hinreichend klar darauf hingewiesen worden, dass die Spitzenstellungsbehauptung sich auf ein bestimmtes Merkmal beziehe. OLG Hamburg, Beschluss vom 28.08.2020, Az. 3 W 51/20

Bezeichnung „Erster“ im Zusammenhang mit konkretem Preisvergleich zulässig

Ein Telekommunikations-Unternehmen darf mit der Bezeichnung „Erster“ für einen Tarif- und Geschwindigkeitsvergleich werben, wenn die Aussage tatsächlich der Wahrheit entspricht. LG Bremen, Urteil vom 27.05.2010 – 12 O 500/09

„Deutschlands beliebtester DSL-Anbieter“ stellt beim Marktführer keine Irreführung dar

Die unbestrittene Marktführungsposition reichte vorliegend als Indiz auch für die eigentlich subjektiv zu bewertende Beliebtheit aus. OLG Hamburg, Urteil vom 11.11.2009 – 5 U 214/08

„Das sicherste Auto aller Zeiten“ unzulässig, wenn anderes Fahrzeug im Crashtest besser bewertet wird

Hier hatte ein anderes Fahrzeug im Crashtest teilweise die gleiche Punktzahl, in einer Kategorie schnitt es sogar besser ab. OLG Schleswig, Hinweisbeschluss vom 28.06.2010, Az. 6 U 27/10

Werbung „Nirgendwo Günstiger Garantie“ eines Vergleichportals irreführen

Hier sollte sich die Superlativ-Behauptung nur auf die Angebote im Vergleichsportal beziehen. Hierauf sei bei der Werbung nicht ausreichend hingewiesen worden. LG Köln, Urteil vom 18.09.2018 – 31 O 376/17

„Der beste Powerkurs aller Zeiten“ keine Alleinstellungswerbung sondern reklamehafte Übertreibung

Der in der Bewertung „der beste“ enthaltene Tatsachenkern wird vorliegend erkennbar weit in den Hintergrund gedrängt. Es ging in dem Fall um Fremdsprachenkurse. Hier komme die reklamehafte Übertreibung auch durch die Wortwahl „aller Zeiten“ zum Ausdruck. KG Berlin, Beschluss vom 03.08.2010 – 5 W 175/10

„Brille Fielmann. Immer der günstigste Preis. Garantiert“ ohne Geld-zurück-Garantie unzulässig

Hier hatte die Werbetreibende regelmäßig den Markt beobachtet und manchmal Preisanpassungen vornehmen müssen, um in Einzelfällen tatsächlich wieder den günstigsten Preis anzubieten. So ergaben sich für das Gericht Zeitfenster, in denen die Werbetreibende für einige Produkte nicht den günstigsten Preis anbot. OLG Hamburg Beschluss vom 28.10.2009 – 5 U 204/07

Domain aus Ortsname + Gattungsbegriff keine Spitzenstellungsbehauptung

Hier hatte sich ein Kläger gegen die von einem Anwalt verwendte Domain gewandt die auch aus der Bezeichnung „anwaltskanzlei“ und dem Ortsnamen zusammensetzte. Das Gericht verneinte eine Irreführung. Die Führung einer solchen Domain suggeriere nicht, dass dem Domaininhaber unter den an dem Ort ansässigen Rechtsanwälten eine Spitzenstellung zukommt. OLG Hamm, Urteil vom 19.06.2008 – 4 U 63/08

„die Besten“ und „Testsieger“ unzulässig, wenn es im Test Gleichplazierte gab

Hier hatte ein Unternehmen mit dem Slogan „Wir sind die Besten – Mit 193 Goldauszeichnungen sind wir Testsieger (…)“ geworben. Tatsächlich hatte im Test ein anderer Mitbewerber gleich gut abgeschnitten. LG Amberg, Endurteil v. 26.04.2021 – 41 HK O 1036/20

„das beste und größte LTE-Netz“ wettbewerbswidrige Spitzenstellungswerbung

Hier hatte sich die werbende Beklagte mit der Spitzenstellungsbehauptung auf Testergebnisse aus selbst beauftragten Messungen berufen. Neutrale Testergebnisse hatten wiederum nicht den für die Spitzenstellungswerbung erforderlichen deutlichen Vorsprung ergeben. OLG Hamburg, Urteil vom 23.05.2019 – 3 U 75/18

„Wer das Beste will, entscheidet sich nicht für irgendein Netz“ keine unzulässige Alleinstellungsbehauptung

Die Formulierung werde vom Publikum hier eher als reklamehafte Übertreibung verstanden und nicht als Spitzenstellungsbehauptung. Die Wortwahl „entscheidet sich nicht für irgendein Netz“ bedeutet nicht, dass allein das Netz der Antragsgegnerin in Betracht komme. LG Hamburg, Urteil vom 24.08.2010 – 416 O 108/10

„Zum Bestpreis verkaufen“ ist unzulässige Spitzenstellungswerbung

„Ebenfalls für die Bedeutung im Sinne des echten Superlativs spricht die Verwendung des bestimmten Artikels (…).  Bei der Verwendung ohne bestimmten Artikel liegt ein bloßer Hinweis auf eine sehr gute Qualität näher (“beste Auswahl”), während mit dessen Verwendung (“die beste Auswahl”) eine Alleinstellungsbehauptung näher liegt (….). KG, Urteil vom 21.06.2019 – 5 U 121/18

„Deutschlands beste Augenärzte“ wettbewerbswidrig und nicht bloß reklamehafte Anpreisung

Anders als bei der Wahl einer Frühstückszutat („Kellog’s – Das Beste jeden Morgen“, s. o.) geht es hier auch nicht um Geschmacksfragen, sondern um die einer differenzierten, sachlichen Bewertung durchaus zugängliche objektive Qualifikation von Ärzten. LG Hamburg, Urteil vom 10.06.2011 – 406 HKO 5/11

„Deutschlands bestes Möbelhaus“ bloß reklamehafte Anpreisung

Bei der Frage, welche Eigenschaften zur Qualifizierung als bestes Einrichtungshaus Deutschlands führen, würden eher subjektive Einschätzungen und Wertungen eine entscheidende Rolle, als nachprüfbare Umstände. OLG Bamberg, Beschluss vom 19. 5. 2003 – 3 W 48/03

„Die besten Konditionen“ keine wettbewerbswidrige Spitzenstellungsbehauptung

„Die Charakterisierung von Preisen oder Konditionen mit dem grammatischen Superlativ „beste“ wird im kaufmännischen Verkehr nicht zwingend mit der Erwartung verbunden, das werbende Unternehmen biete tatsächlich die besten Preise oder Konditionen aller Mitbewerber. Vielmehr haben sich die Begriffe „beste Preise“ oder „beste Konditionen“ im Allgemeinen als Hinweis auf ein sehr gutes Angebot etabliert.“ OLG Frankfurt, Urteil vom 17.03.2016 – 6 U 195/15

„Die besten Küchen zum besten Preis“

Die Spitzenstellungsbehauptung sei nur dann gerechtfertigt, wenn die Werbende sowohl bezüglich des Preises als auch bezüglich der Leistung einen erheblichen Vorsprung vor den Mitbewerbern darlegen könne. Dies sei vorliegend nicht gelungen. LG Stuttgart, Urteil vom 10.07.2009 – 40 O 44/09 KfH

„größte Programmzeitschrift für das Internet im Internet“ unzulässig

Die Werbende habe mit diesem Slogan geworben, ohne die behauptete Spitzenstellung auf bestimmte Faktoren zu begrenzen. Dies sei nur dann zulässig, wenn sie in allen erheblichen Faktoren eine beträchtlichen und offenkundigen und dauerhaften Vorsprung vor den Mitbewerbern erreicht hätte, der von allen voraussehbaren und wettbewerbsbedingten Schwankungen weitgehend unabhängig sei. Der Werbenden war der Nachweis der behaupteten Spitzenposition gleich in mehrfacher Weise nicht gelungen. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.01.2001 – 2 U 74/00

„Marktführer gewesen“ und „zurück an die Spitze“ unzulässig

„Bewirbt der Anbieter ein neues Produkt unter Hinweis auf die in der Vergangenheit mit einem anderen Produkt erworbene Marktführerschaft, ist das Verschweigen dieses Umstands deshalb im Regelfall geeignet, eine unrichtige Vorstellung über die Leistungsfähigkeit des Anbieters hervorzurufen“ BGH, Urteil vom 16. November 2017 – I ZR 160/16

„Die meistverkaufte Matratze“ – Behauptung muss anhand konkreter Zahlen belegt werden

Wer in der Werbung behauptet, das „meistverkaufte“ Produkt anzubieten, muss konkret darlegen, aus welchen Zahlen sich die Alleinstellung ableitet und wie diese Zahlen ermittelt wurden. Eine bloße eidesstattliche Versicherung ist insoweit nicht ausreichend. OLG Frankfurt, Urteil vom 13.01.2022 – 6 U 161/21

„Goldankauf zu Top-Preisen“ ist keine Spitzenstellungswerbung

Ein „Top Preis“ entspricht in der Werbung im Aussagegehalt einem „Superpreis“, der lediglich ein günstiges, d.h. überdurchschnittlich gutes Angebot voraussetzt. Eine Spitzengruppenwerbung oder gar Spitzenstellungswerbung ist damit nicht verbunden. OLG Köln, Urteil vom 19.06.2015 – 6 U 173/14

„Keiner ist schneller“ für Schmerzmittel ist keine unzulässige Alleinstellungsbehauptung

Vielmehr liege in dieser Behauptung die (zutreffende) Aussage, dass das Präparat (neben anderen) zu den am schnellsten Wirkenden gehöre. OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.11.2016 – I-20 U 55/16

„einer der Marktführer“ beim wissenschaftlichen Ghostwriting unzulässig

Wer das Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten als Ghostwriter anbietet, darf berits deshalb nicht mit einer mutmaßlichen Marktführerschaft werben, da es sich um eine verbotene Dienstleistung handelt. OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2011 – I-20 U 116/10  

„Das beste 5G-Netz“ zusammen mit Testsiegel ist keine Spitzenstellungsbehauptung

„Die relevanten Verkehrskreise werden die Werbung so verstehen, dass der Werbende den Gesamtsieg im Test errungen und darüber hinaus die Kategorie des 5G-Netzes gewonnen hat.“LG Hamburg, Urteil vom 20.07.2021 – 416 HKO 63/21

Wollen Sie sich dazu berate lassen, ob Sie dulden müssen, dass ein Wettbewerber Kunden mit der Behauptung einer Alleinstellung bzw. Spitzenstellung abfängt? Oder wird Ihnen sogar selbst gegenüber der Vorwurf einer unzulässigen Spitzenstellungswerbung erhoben? Rechtsanwalt Otto Freiherr Grote aus Düsseldorf berät seit Jahren zahlreiche Mandanten bundesweit in Fragen des Wettbewerbsrechts. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf. Wir beraten Sie gerne. Schreiben Sie uns eine Email (kontakt@das-gruene-recht.de) oder rufen Sie uns an ( Tel: 0211 – 54 20 04 – 64).