Klarnamenpflicht: BGH entscheidet gegen Facebook

Facebook verbietet seinen Nutzern in seinen Bedingungen, auf der Plattform unter Pseudonymen aufzutreten. Viele Nutzer sehen in dieser Klarnamenpflicht eine Gefahr für die Meinungsfreiheit und halten die Bedingungen für unwirksam. Der BGH hat nun zwei Fälle aus 2018 entschieden. Was bedeuten die Urteile für die Nutzer?

Klarnamenpflicht auf Facebook auf dem Prüfstand

Politik, Religion, Gendergerechtigkeit, Umwelt – Auf sozialen Netzwerken wie Facebook finden viele kontroverse Diskussionen zu allen möglichen Themen statt. Der Ton ist hierbei oft rauh, nicht selten auch rechtsverletzend. Harte Beleidigungen, Bedohungen und Fake News sind an der Tagesordnung. Seit einiger Zeit verlangt Facebook, dass man auf der Plattform nicht ein Pseudonym sondern nur noch seinen Klarnamen verwendet.

Zwei Nutzer, deren Accounts wegen der Nutzung von Pseudonymen Anfang 2018 von Facebook gesperrt worden waren, hatten sich gerichtlich zur Wehr gesetzt.

Unterdrückung erlaubter Meinungsäußerungen durch Klarnamenpflicht?

Facebook verteidigte den Klarnamenzwang. Mit dieser Praxis sollen, so Facebook, verletzende Kommentare eingedämmt werden, da sich niemand hinter einer vermeintlichen Anonymität verstecken kann. Viele Nutzer hingegen empfinden die Möglichkeit, sich anonym im Internet zu bewegen und zu Wort zu melden, gerade als Schutz vor aggressiven Reaktionen. Die Kritiker der Klarnamenpflicht befürchten, ein großer Teil der Nutzer könne dadurch abgeschreckt werden, vollkommen zulässige und von der Meinungsfreiheit gedeckte Äußerungen zu posten. Dies sei eine ernste Gefahr für die Meinungsfreiheit.

TMG sieht Möglichkeit anonymer Nutzung vor

Diese Gefahr hatte auch der Gesetzgeber erkannt. Im § 13 Abs. 6 TMG war daher geregelt, dass Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien grundsätzlich auch anonym bzw. unter Pseudonym ermöglichen sollen. Bei der Schaffung der Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO) setzte sich Deutschland, wenn auch vergeblich, dafür ein, das eine entsprechende Regelung auch in die DSGVO aufgenommen wird.

OLG München hatte zu Gunsten von Facebook entschieden

Beide nun ausgeurteilten Fälle waren in der Vorinstanz vom OLG München im Sinne von Facebook entschieden worden. So sei § 13 Abs. 6 TMG nicht mehr mit der zwischenzeitlich in Kraft getretenen DSGVO vereinbar. Dort sei eine entsprechende Regelung nämlich ausdrücklich nicht aufgenommen worden. Die Vorschrift des TMG müsse nunmehr im Lichte des höherrangigen europäischen Rechts ausgelegt werden. Danach habe Facebook ein berechtigtes Interesse, durch die Einführung der Klarnamenpflicht präventiv Einfluss auf seine Nutzer zu nehmen.

BGH: DSGVO darf auf diese Altfälle keine Berücksichtigung finden

Der BGH (Urteile vom 27.01.2021 – III ZR 3/21 und III ZR 4/21) hat nun in beiden Fällen gegen Facebook entschieden. Danach dürfen beide Nutzer, die ihre Nutzerprofile bereits vor Inkrafttreten der DSGVO eingerichtet haben, weiter mit einem Pseudonym auf Facebook auftreten. Zwar müssten die Nutzer ihre Klarnamen gegenüber Facebook angeben. Jedenfalls in diesen Altfällen dürften jedoch die Nutzer auf der Plattform nach Außen weiter einen Fantasienamen führen. In beiden Verfahren kam es für die Entscheidung auf die Vorgaben der DSGVO nicht an, weil diese erst seit dem 25. Mai 2018 gilt und es für die Rechtslage auf den Zeitpunkt der Einbeziehung der jeweiligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen in das Vertragsverhältnis ankommt.

Rechtslage für Anmeldungen nach Inkrafttreten der DSGVO weiter unklar

Wer also schon vor Einführung der DSGVO unter einem Pseudonym auf Facebook auftrat, dem dürfte dies auch weiter gestattet sein. Nutzer, die sich indes erst nach dem 25. Mai 2018 auf dem Netzwerk angemeldet haben, müssen wohl weiter bangen und damit rechnen, von Facebook gesperrt zu werden. Facebook selbst stellt sich nämlich weiter auf den Standpunkt, dass jedenfalls nach gegenwärtiger Rechtslage die Verpflichtung zur Nutzung von Klarnamen zulässig ist. Dort wird man es also vermutlich auf weitere Klagen ankommen lassen, die erst in mehreren Jahren wieder beim BGH zur Entscheidung anstehen werden.

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