LG München I zu Google-Fonts Massenabmahnungen: Niederlage für Abmahner

Vor wenigen Monaten bereiteten massenhafte datenschutzrechtliche Abmahnungen im Zusammenhang mit der Verwendung von Google Fonts vielen Websitenbetreibern große Sorgen. Das LG München I hat nun im Fall eines dieser Abmahner festgestellt, dass die im Rahmen seiner Google-Fonts-Massenabmahnungen geltend gemachten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nicht bestehen. Die Abmahnungen waren unberechtigt.

Abmahnwelle wegen Einbindung von Google Fonts

Ende 2022 sorgte eine beispiellose datenschutzrechtliche Abmahnwelle für Aufsehen. Zu Tausenden wurden Abmahnungen gegen Websiten-Betreiber ausgesprochen, die Google-Fonts dynamisch in Ihre Websiten eingebunden hatten. Insgesam hatten mehrere Abmahner über verschiedene Kanzleien Abmahnungen in großer Anzahl versenden lassen. Dabei beriefen sie sich auf ein Urteil des LG München aus 2022 (LG München I, Urteil vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20), in dem ein Websitenbetreiber nach der dynamischen Einbindung von Google Fonts zur Unterlassungs sowie zur Zahlung eines Schadensersatzes von 100,00 € verurteilt worden war. Die Massenabmahnungen wurden von vielen Seiten aus verschiedenen Gründen als rechtsmissbräuchlich und unwirksam erachtet.

Negative Feststellungsklage gegen Massenabmahnungen

Einer der betroffenen Abgemahnten ging in die Gegenoffensive: Er erhob vor dem LG München I eine negative Feststellungsklage gegen den Abmahner. Darin sollte das Gericht feststellen, dass weder ein Anspruch auf Unterlassung noch ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe. Der Kläger berief sich darauf, dass der Abmahner die mutmaßlichen „Rechtsverstöße“ bewusst durch Einsatz automatisierter Software herbeigeführt habe, um massenhaft abmahnen zu können. Er erhob den Vorwurf der Rechtsmissbräuchlichkeit.

Landgericht München I: bereits keine persönliche Betroffenheit

Das LG München I gab der negativen Feststellungsklage des Abgemahnten nun statt (Urteil vom 30.03.2023, Az. 4 O 13063/22). Das Gericht verneinte bereits eine persönliche Betroffenheit des Abmahners. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Beklagte selbst die Website des Klägers oder anderer Abgemahnter persönlich aufgerufen habe. Vielmehr sei ein automatisiertes Programm ( ein so genannter Crawler) eingesetzt worden, um zu prüfen, auf welchen Websites Google Fonts in datenschutzwidriger Weise eingebunden sind. Wer Websites gar nicht persönlich aufsuche, können persönlich auch keine Verärgerung oder Verunsicherung über die Übertragung seiner IP-Adresse an eine Firma in den USA verspüren. jedenfalls habe der Beklagte die vorgrworfene Tat selbst gewissermaßen provoziert. Hierzu schrieb das Landgericht:

Selbst wenn jedoch angenommen würde, dass auch ein automatisierter Besuch einer Website, der zur Übertragung der IP-Adresse des Nutzers führt, grundsätzlich geeignet wäre, eine Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts zu begründen, so scheidet ein Unterlassungsanspruch des Beklagten gegen den Kläger unter dem Gesichtspunkt der Tatprovokation aus. Der mutmaßlich vom Beklagten eingesetzte Crawler sollte ja gerade Websites mit dynamischer X.-Fonts-Einbindung finden. Die Übertragung der IP-Adresse in die USA war dann auch zwingende Voraussetzung, um überhaupt einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Wer sich aber bewusst und gezielt in eine Situation begibt, in der ihm eine Persönlichkeitsrechtsverletzung droht, gerade um die Persönlichkeitsverletzung an sich zu erfahren, um sodann daraus Ansprüche zu begründen, ist nicht schutzbedürftig.

Rechtsmissbräuchlichkeit der Massenabmahnungen fest

Schließlich sei der in den Abmahnungen geforderte bzw. angedrohte Schadensersatz auch bereits wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen. Hierzu führte das Landgericht aus:

Der Beklagte ließ gezielt durch den Crawler Websites aufsuchen, gerade um behauptete Verletzungen seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu begründen. Es ist aber nicht Sinn und Zweck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder der Datenschutzvorgaben nach der DSGVO, Personen eine Erwerbsquelle zu verschaffen wegen behaupteter Verletzungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Wer einen Verstoß gegen sein Persönlichkeitsrecht gezielt provoziert, um daraus hernach Ansprüche zu begründen, verstößt gegen das Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens.

Rechtsanwalt Otto Freiherr Grote aus Düsseldorf berät seit vielen Jahren zahlreiche Mandanten bundesweit in Fragen des Medien- und und Datenschutzrechts. Haben auch Sie eine Abmahnung erhalten. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf. Wir beraten Sie gerne. Schreiben Sie uns eine E-Mail (kontakt@das-gruene-recht.de) oder rufen Sie uns an (Tel.: 0211 – 54 20 04 – 64). Die telefonische Erstberatung ist kostenlos.