LG München I: „Beste SEO Agentur Deutschlands“ ist unzulässige Spitzenstellungswerbung

Mit der Behauptung einer Spitzenstellung (z.B. der Beste, der Größte) lassen sich wirksam Kunden anlocken. Doch wann ist eine solche Spitzenstellungswerbung zulässig? Das LG München I hat nun einige Superlativ-Behauptungen einer SEO Agentur als unzulässig eingestuft.

Das Grüne Recht Recht auf Vergessen SEO Agentur
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Suchmaschinenoptimierung – Nur der Beste schafft es ganz nach oben

Beim Suchmaschinen-Marketing eifern alle um einen Spitzenplatz beim Google-Ranking. Daher kommt es vielen Kunden darauf an, möglichst die beste Agentur zu beauftragen um sich beim Kampf um Platz 1 durchzusetzen. Die Versuchung für SEO-Agenturen ist groß, sich durch die Behauptung einer Spitzenstellung einen Vorsprung vor den Mitbewerbern zu verschaffen. Doch unter welchen Voraussetzungen darf man sich als der Größte oder der Beste bezeichnen?

SEO Agentur mit mehreren Superlativ-Behauptungen

In dem Rechtsstreit vor dem LG München I hatte die beklagte SEO Agentur mit mehreren Spitzenstellungsbehauptungen, teils in ihren Google-Anzeigen, teils auf ihrer eigenen Website für sich Werbung gemacht. Hierbei hatte sie u. a. mit folgenden Aussagen für sich geworben.

  • „Beste SEO Software“
  • „Das beste und größte SEO Team“
  • „d… – beste SEO Agentur Deutschlands“
  • „Beste SEO Agentur Deutschlands – 1. Platz beim SEMY Award“
  • Semy Award Winner – Beste Seo Agentur Deutschlands“

Die Auszeichnung, auf die sich die beklagte Agentur bezog, lag jedoch bereits etwa zwei Jahre zurück. Sie war dennoch der Ansicht, dass der Gewinn des damaligen Awards die Bezeichnung als “ beste SEO Agentur Deutschlands“ rechtfertige, da der fragliche Award seither in der Kategorie nicht mehr vergeben worden sei. Auch handele es sich insoweit gar nicht um Spitzenstellungsbehaupzungen sondern um Werbung mit einer Auszeichnung. Teilweise rechtfertigte die Beklagte ihre Aussagen aber auch als bloß reklamehafte Anpreisungen, die vom Vekehr ohne weiteres als Übertreibung und reines Werturteil aufgefasst würden.

LG München: nicht bloß subjektive reklamehafte Anpreisungen

Das Landgericht München (Urteil vom 29.07.2022 Az. 33 O 2097/21) urteilte nun, dass es sich bei allen beanstandeten Aussagen um unzulässige Spitzenstellungsbehauptungen und nicht um reklamehafte Übertreibungen oder um Werbung mit einer Auszeichnung handele.

So führte das Landgericht zur Aussage “ Beste SEO Software“ u. a. aus:

Dies zugrunde gelegt entnimmt der angesprochene Verkehr – dessen Verständnis die Kammer aufgrund ihrer ständigen Befassung mit Wettbewerbssachen beurteilen kann (OLG München, GRUR-RR 2016, 270 – Klosterseer, Tz. 31) – der Werbung mit der Aussage „Beste SEO-Software“ eine Spitzenstellung der Beklagten im Hinblick auf die von dieser angebotenen und verwendeten Software. Insbesondere handelt es sich nicht um eine reklamehafte Anpreisung. Der Superlativ „beste“ wird vorliegend konkret im Hinblick auf die von der Beklagten genutzte Software – ein bei IT-Dienstleistungen wesentlicher Qualitätsfaktor – verwendet, wodurch ein unmittelbarer Bezug zur angebotenen Dienstleistung der Beklagten hergestellt wird. Es handelt sich daher nicht um eine bloß allgemein gehaltene und subjektiv geprägte Aussage, sondern um eine anhand objektiver Kriterien überprüfbare Behauptung, bei der nach dem Wortsinn auch nicht offenbleibt, worauf sich der Superlativ „beste“ bezieht (vgl. BGH GRUR 2002, 182 – Das Beste jeden Morgen).

Hinreichender Dienstleistungsbezug zu Leistungen einer SEO Agentur erkennbar

Das Landgericht konnte auch keine bloß reklamehafte Übertreibung erkennen, da sich die Werbeaussage erkennbar auf die angebotenen Leistungen im Berich der Suchmaschinenoptimierung bezog.

Schließlich sind auch die in der Anlage K 1 dargestellten Aussagen „d…. – beste SEO Agentur Deutschlands“, „Beste SEO-Agentur Deutschlands – 1. Platz beim SEMY Award“ und „Semy-Award Winner – Beste SEO Agentur Deutschlands“ irreführend und damit unzulässig. Den angegriffenen Aussagen entnimmt der angesprochene Verkehr jeweils die Behauptung einer alle anderen Konkurrenten in Deutschland deutlich überragenden Spitzenposition der Beklagten. Da die Beklagte den Superlativ gerade in Bezug auf ihre SEO-Dienstleistungen („SEO-Agentur“) gebraucht, wird auch – in Abgrenzung zum bloßen subjektiven Werturteil – ein hinreichend konkreter Dienstleistungsbezug erkennbar.

Auch rechtfertige, so das Landgericht, eine über zwei Jahre zurückliegende Verleihung eines Preises nicht die Bezeichnung als Beste SEO Agentur Deutschlands.

Die Beklagte leitet ihre Spitzenstellung nach ihrem Vortrag allein aus dem Gewinn des „SEMY Award“ in der Kategorie „Beste SEO-Agentur“ aus dem Jahr 2018 ab, wobei sie darauf hinweist, dass der Preis in dieser Kategorie seitdem nicht mehr vergeben wurde. Eine mehr als zwei Jahre zurück liegende Preisverleihung genügt aber nicht, um einen deutlichen, die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit habenden Vorsprung gegenüber Mitbewerbern zu belegen. Denn spätestens nach Ablauf eines Jahres hat ein solcher Preis – unabhängig davon, ob er überhaupt geeignet ist, eine deutschlandweit behauptete Spitzenstellung zu rechtfertigen – keine ausreichende Aktualität, um einen deutlichen Vorsprung gegenüber Mitbewerbern im Sinne der Rechtsprechung zur Spitzenstellungswerbung zu belegen. Dies gilt insbesondere in Branchen wie der Online-Marketing-Branche, die aufgrund technischer Fortschritte und Anpassungen einem steten Wandel unterzogen ist.

Alleinstellungs- oder Spitzenstellungen sind nicht stets verboten

Wichtig ist, zu betonen, dass dieses Urteil des LG München I nicht so verstanden werden darf, dass die Werbung mit einer Spitzenstellung, mit einer Alleinstellung oder einem Superlativ in jedem Fall unzulässig sein muss. Wer tatsächlich eine Spitzenstellung mit deutlichem und nachhaltigem Abstand eine Spitzenstellung einnimmt, der darf auch guten Gewissens damit werben. Auch wird in manchen Bereichen das Prädikat „das Beste“ nicht unbedingt als verbindliche Spitzenstellungsbehauptung sondern als subjektives Werturteil oder zulässige reklamehafte Übertreibung ohne die Gefahr einer Irreführung verstanden. Ob es sich um eine zulässige oder unzulässige Werbeaussage handelt, kann sehr vom Einzelfall abhängen. Es empfiehlt sich, sich zu den Chancen und Risiken beraten zu lassen, bevor man sich nach außen einer Spitzenstellung berühmt.

Sie haben Fragen zur Zulässigkeit von Alleinstellungs- oder Spitzenstellungswerbung? Rechtsanwalt Otto Freiherr Grote aus Düsseldorf berät seit mehreren Jahren persönlich zahlreiche Mandanten bundesweit in Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes und Werberechts. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, entweder per E-Mail unter kontakt@das-gruene-recht.de oder telefonisch (Tel.: 0211-54 20 04 64). Lesen Sie weitere Beiträge zu diesem Thema in unseren News.