Um gegen Urheberrechtsverletzungen nach deutschem Recht vor deutschen Gerichten vorzugehen, ist in der Regel ein ausreichender Inlandsbezug erforderlich. Doch wann liegt ein solch ausreichender Inlandsbezug bei Urheberrechtsverletzungen im Internet vor? Zu dieser Frage liegt nun eine Entscheidung des LG Hamburg vor.
Inlandsbezug bei Ahndung von Urheberrechtsverletzungen nach deutschem Recht
In Deutschland herrscht ein vergleichsweise hohes Schutzniveau im Urheberrecht. Urheberrechtsverletzungen lassen sich nach deutschem Recht besser verfolgen als in vielen anderen Ländern. Rechteinhaber dürften daher meist ein Interesse haben, auch gegen aus dem Ausland begangene Rechtsverletzungen nach deutschem Recht vorgehen zu können. Zur Anwendbarkeit deutschen Urheberrechts ist jedoch grundsätzlich ein hinreichend wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug notwendig. Die beanstandeten (mutmaßlich urheberrechtswidrigen) Angebote müssen sich erkennbar (auch) an ein deutsches Publikum richten. Gerade bei Urheberrechtsverletzungen im Internet, die aus dem Ausland heraus begangen werden, stellt sich oft die Frage eines hinreichenden Inlandsbezug. Indizien hierfür können beispielsweise sein:
- Versand nach Deutschland wird ausdrücklich angeboten
- Die Inhalte der Website sind auf deutsch gefasst
- Die Verwendung einer .de-Domain
Ausländische Domains mit nur teilweise deutschsprachigen Texten
Das LG Hamburg entschied nun über einem Fall, bei dem rechtsverletzende Inhalte (Produktfotos) auf Websiten unter russischen und ukrainischen Top-Level-Domains (.ua und .ru) veröffentlicht waren. Während die Inhalte der Websiten zwar überwiegend in kyrillischer Schrift verfasst waren, fanden sich dort aber auch Artikelbeschreibungen in deutscher Sprache. Die Rechteinhaberin an den Fotos machte vor dem LG Hamburg wegen der Urheberrechtsverletzung an 150 Lichtbildern Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz geltend.
LG Hamburg: kein hinreichender Inlandsbezug
Das LG Hamburg (Urteil vom 16.09.2022, Az. 310 O 442/20) wies die Klage mangels ausreichendem Inlandsbezug ab. So führte das Landgericht u. a. aus:
Bereits die Top-Level-Domains indizieren, dass sich die Internetseiten an Verkehrskreise in Russland bzw. der Ukraine richten. Durch diese Internetangebote wird nur ein verschwindend geringer Bruchteil der inländischen Bevölkerung angesprochen. Es ist davon auszugehen, dass der Verkehr in Deutschland vielmehr in weit überwiegender Zahl das für ihn vorgesehene Angebot unter der Adresse o..de wahrnimmt. Es ist für den inländischen Verkehr schlichtweg einfacher und bequemer, dort Kleidungsstücke zu bestellen. Dass über die Internetseiten https:// o.- t..ru und https:// o.- t..com.ua überhaupt ein Vertrieb nach Deutschland stattfinden würde, hat die Klägerin zudem nicht behauptet.
teilweise verwendete deutsche Sprache nicht ausreichend
Auch die Tatsache, dass ein Teil der Inhalte auf deutscher Sprache verfasst waren, ließ das Landgericht hier nicht ausreichen, um die Anwendbarkeit deutschen Rechts anzunehmen:
Der Umstand, dass gemäß der Anlage K 2 die Beschreibung der Produkte und eine Fehlermeldung auf Deutsch verfasst waren, genügt für einen Inlandsbezug nicht. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass es in Deutschland eine größere russischsprachige Gemeinschaft gibt. Von dieser Gemeinschaft wäre nur ein Bruchteil daran interessiert, Kleidungsstücke möglicherweise billiger über die Internetseiten https:// o.- t..ru und https:// o.- t..com.ua zu bestellen, um sie Freunden oder Verwandten in Russland oder der Ukraine zukommen zu lassen oder sich von diesen nach Deutschland schicken zu lassen. Im Übrigen besteht stets die Möglichkeit, dass nicht-deutschsprachige, im Inland ansässige Interessenten eine ausländische, vorrangig auf den außerdeutschen Markt ausgerichtete Website bevorzugen könnten, weil sie die fremde Sprache besser verstehen. Reichte dies bereits für die Annahme eines relevanten Inlandsbezugs aus, bedürfte es nicht mehr der zur erforderlichen Eingrenzung von in Deutschland verfolgbaren Schutzrechtsverletzung im Internet erforderlichen Gesamtabwägung (vgl. BGH, GRUR 2018, 417 Rn. 41 – Resistograph).
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