BGH: Fotos von gemeinfreien Werken im Museum genießen Schutz nach dem UrhG

Darf ein Museum verbieten, dass Fotos dort ausgestellter gemeinfreier Werke, an denen die Urheberrechte abgelaufen sind, ohne die Zustimmung des Museums veröffentlicht werden? Diese Frage beschäftigte nach einem langen Rechtsstreit nun auch den BGH. Wie hat er nun entschieden?

BGH: Beiwerk? Kunstwerk auf Produktfoto Fotos von Gemälden Gemälde Installation Fotos von gemeinfreien Werken
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Fotos von gemeinfreien Werken

In vielen Museen hängen Gemälde, deren Urheber bereits seit über 70 Jahren tot sind. In diesem Fall sind die Urheberrechte an den Werken abgelaufen; selbst die Erben des jeweiligen Künstlers können sich nicht gegen eine Nutzung dieser Werke (z.B. Vervielfältigung, Verbreitung, Veröffentlichung im Internet) wehren. Man spricht davon, dass das Werk „gemeinfrei“ geworden ist. Darf jedoch ein Mueseum verbieten, dass Fotos von einem dort ausgestellten gemeinfreien Kunstwerk angefertigt und diese Fotos von gemeinfreien Werken ohne seine Zustimmung genutzt werden dürfen?

Fotos gemeinfreier Werke bei Wikipedia veröffentlicht

Gegenstand des Rechtsstreit waren Lichtbilder mehrere gemeinfreier Kunstwerke aus dem Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim. Die Stadt Mannheim als Träger des Museums verklagte die Wikimedia Foundation und auch Wikimedia Deutschland, weil diese Lichtbilder ohne Zustimmung des Museums auf der Plattform Wikipedia veröffentlicht wurden. Einige dieser Bilder waren ursprünglich von Museums-Mitarbeitern angefertigt und in einer Publikation des Museums veröffentlicht worden. Wiederum andere wurden von Wikipedia-Mitarbeitern selbst im Museum erstellt und dann auf der Plattform veröffentlicht. Gegen die ungenehmigte Verwendung der Fotos klagte die Stadt Mannheim und berief sich auf die Rechte an den von ihr selbst veröffentlichten Bilder und unter Berufung auf ihr Hausrecht auch auf das Fotografierverbot im Museum.

Die Beklagten verteidigten sich vor allem mit dem Argument, dass es sich um Fotos gerade von gemeinfreien Werken handele. Das Erlöschen der Urheberrechte könne vom Museum nicht über das Hausrecht oder Leistungsschutzrechte an Lichtbildern ausgehebelt werden.

Nachdem die klagende Stadt bereits vor dem Landgericht Stuttgart und dem Oberlandesgericht Stuttgart erfolgreich gewesen war, war nun der BGH mit der Sache befasst.

BGH: Museum kann Nutzung der Bilder verbieten

Der BGH (Urteil vom 20.12.2018, Az. I ZR 104/17) schloss sich den Vorinstanzen an.

So verletze zunächst das Hochladen der eingescannten Bilder aus der Publikation  das der Klägerin vom Fotografen übertragene Recht, die Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen. Die Fotografie eines Gemäldes genieße einen eigenen Lichtbildschutz nach § 72 Abs. 1 UrhG. So habe der Fotograf  bei der Fertigung der Lichtbilder kreative Entscheidungen über einige gestalterische Umstände zu treffen (z. B. Standort, Entfernung, Blickwinkel, Belichtung und Ausschnitt der Aufnahme). Deshalb sei auch bei Ablichtungen von Kunswerken regelmäßig – so auch hier – das für den Schutz nach § 72 Abs. 1 UrhG erforderliche Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung erfüllt.

Mit der Anfertigung von Fotografien durch eigene Mitarbeiter habe der Beklagte gegen das vertraglich vereinbarte Fotografierverbot verstoßen. Die entsprechende Vorschrift in der Benutzungsordnung und aushängende Piktogramme mit einem durchgestrichenen Fotoapparat stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die wirksam in den privatrechtlichen Besichtigungsvertrag einbezogen worden seien und der Inhaltskontrolle standhielten. Die Klägerin könne aus der Verletzung vertraglicher Pflichten verlangen, dass der Beklagte es unterlässt, die Bildaufnahmen durch Hochladen im Internet öffentlich zugänglich zu machen.

Bei Fragen zur Zulässigkeit der Nutzung von Fotos und anderen Werken oder auch bei anderen Fragen zum Bildrecht und Fotorecht steht Ihnen Rechtsanwalt Otto Freiherr Grote aus Düsseldorf gerne zur Verfügung. Wir beraten Sie bundesweit. Schreiben Sie uns eine E-Mail (kontakt@das-gruene-recht.de) oder rufen Sie uns an (Tel.: 0211 – 54 20 04 64).