Urnen, die mittels Airbrush-Technik mit einem Hirsch-Motiv bemalt worden sind, können urheberrechtlich geschützt sein. Das OLG Köln orientierte sich mit dieser Entscheidung (Urteil vom 20.02.2015, Az. 6 U 131/14) an der Rechtsprechung des BGH zu der Frage, inwieweit angewandte Kunst urheberrechtlichen Schutz genießen kann.
Vertrieb von Urnen mit Hirsch-Silhouette
Die Parteien des Verfahrens handelten mit Urnen. Die Klägerin vertrieb dabei u. a. eine Urnen-Serie mit Airbrush-Motiven und wehrte sich dagegen, dass die Beklagten die Urnen dieser Serie nachahme. Unter anderem ging es um eine Urne mit einem Hirsch-Motiv. Die Klägerin berief sich darauf, dass der Airbrush-Künstler ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Motiv übertragen habe. Das Landgericht hatte eine Urheberrechtsverletzung bejaht, da es als angewandte Kunst Werksqualität besitze.
Angewandte Kunst: geringe Anforderungen an die Schöpfungshöhe
Auch das OLG Köln kam zu dem Ergebnis, dass die Urne mit dem Hirschmotiv als Werk der angewandten Kunst anzusehen sei. Es handele sich insbesondere um eine persönliche geistige Schöpfung:
„Eine solche setzt eine individuelle Prägung voraus, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer „künstlerischen“ Leistung gesprochen werden kann (BGHZ 199, 52 = GRUR 2014, 175 Tz. 15 – Geburtstagszug m. w. N.).“
In der Geburtstagszug-Entscheidung vom November 2013 hatte der BGH klagestellt, dass die Schutzanforderungen im Bereich der angewandten Kunst denen der bildenen Kunst entsprechen. Im vorliegenden Fall bescheinigte das OLG der Urne mit dem Hirschmotiv sogar eine Gestaltungshöhe und Originalität, die durchaus über dem unteren Rand der gerade noch schutzfähigen „kleinen Münze“ liege.
Freie Benutzung des ursprünglichen Motivs verneint
Das OLG verneinte bei der vom Beklagten vertriebenen Hirsch-Urne auch eine freie Benutzung im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG und stellte fest, dass es sich vielmehr um eine unfreie Bearbeitung des Originals handelte. Der für eine freie Benutzung notwendige Abstand zum Originalwerk sei schon deshalb nicht erreicht, weil das Ursprungswerk einen hohen Grad an Individualität aufweise, der bei der nachgeahmten Urne nicht in ausreichender Weise verblasse.
Schuldhaftes Handeln lag bereits vor der Geburtstagszug-Entscheidung des BGH vor
Das OLG Köln stellte auch klar, dass die Beklagte auch vor der Geburtstagszug-Entscheidung des BGH schuldhaft gehandelt habe. Ein schuldhaftes Handeln sei bereits dann anzunehmen, wenn sich der Verletzer erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich zulässigen bewegt hat. Vorliegend hatte vor allem der BGH bereits im Mai 2011 mit der so genannten Seilzirkus-Entscheidung (Urteil vom 12.05.2015, Az. I ZR 53/10) ausdrücklich bezweifelt, dass im Bezug auf angewandte Kunst an gesteigerten Anforderungen an die Schöpfungshöhe festgehalten werden kann.
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