In einer aktuellen Entscheidung hatte sich das Bundespatentgericht (BPatG) mit der Frage auseinanderzusetzen, wie hoch in Beschwerdeverfahren, bei denen über die Verwechslungsgefahr einer neu angemeldeten Marke mit einer älteren Marke entschieden wird, der Streitwert anzusetzen sei (BPatG, Entscheidung vom 13.08.2014, Az. 26 W (pat) 34/13). Das BPatG bestätigte dabei den durch den BGH zuletzt in solchen Verfahren angesetzten Regelstreitwert von € 50.000,00.
Ein Inhaber einer prioritätsälteren Marke hatte gegen die Eintragung einer jüngeren Marke vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) Widerspruch erhoben. Dieser Widerspruch wurde durch das DPMA zurückgewiesen, da der Inhaber der älteren Marke die von der Gegenseite bestrittene Nutzung der eigenen Marke in den vergangenen 5 Jahren nicht glaubhaft machen konnte.
Gegen diesen Beschluss des DPMA hat der Widersprechende Beschwerde eingelegt und Benutzungsunterlagen vorgelegt. Das BPatG wies gleichwohl die Beschwerde zurück und legte dem Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf. Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke sei für die fragliche Warenklasse nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden.
Parteien beantragten Abweichung vom Regelstreitwert
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt nunmehr, den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens auf 100.000,00 € festzusetzen. Sie vertrat die Auffassung, der Regelstreitwert betrage bereits 50.000,00 € (Beschluss des BGH vom 16.03.2006, I ZB 48/05). Vorliegend seien jedoch anderweitige Anhaltspunkte gegeben, die einen Gegenstandswert von 100.000,00 € rechtfertigten, da der Widersprechende unter offensichtlichem Rechtsmissbrauch das Verfahren über volle fünf Jahre rechtshängig gehalten und damit das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers über einen entsprechenden Zeitraum geschmälert habe.
Der Widersprechende beantragte dagegen, den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens auf 20.000,00 € festzusetzen. Zur Begründung verweist er auf die Entscheidung des BPatG 25 W (pat) 73/04, wonach im markenrechtlichen Widerspruchsbeschwerdeverfahren der nach billigem Ermessen zu bestimmende Regelstreitwert 20.000,00 € betrage. Er vertritt die Auffassung, die von der Markeninhaberin beantragte Anhebung auf den fünffachen Betrag liege außerhalb des billigen Ermessens.
Das BPatG entschied im vorliegenden Fall, dass der Antrag auf Festsetzung eines Gegenstandswerts nur in Höhe von 50.000,00 € begründet sei. Da in den markenrechtlichen Verfahren vor dem BPatG für die Anwaltsgebühren keine speziellen Wertvorschriften existieren, sei der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich für die Bestimmung des Gegenstandswertes im Widerspruchsverfahren sei nach ständiger Rechtsprechung das wirtschaftliche Interesse des Inhabers der mit dem Widerspruch angegriffenen Marke an der Aufrechterhaltung seiner Marke (BGH aaO).
Bestätigung der BGH-Rechtsprechung zum Regelstreitwert
Dieses wirtschaftliche Interesse bemisst der Bundesgerichtshof bei unbenutzten Marken nach einem Regelstreitwert von 50.000,00 € (BGH a.a.O.). Denn das wirtschaftliche Interesse am Schutz der angegriffenen Marke umfasse die Kosten für die Entwicklung und die Eintragung der Marke, die bereits insgesamt einen Betrag von 50.000,00 € ausmachen können, insbesondere, wenn man externe Beratung in Anspruch nimmt oder die Markenentwicklung Drittfirmen überlässt. Ferner könne zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass sich das wirtschaftliche Interesse des Inhabers der angegriffenen Marke auch darauf richtet, Umsatzausfälle zu vermeiden, die durch die Verzögerung des Vertriebs der Marke zu befürchten seien.
Auch wenn die vom 25. Senat angesprochene Möglichkeit bestehe, dass es sich nur um Vorratsmarken handelt, könne dieser Umstand nicht als einziger wirtschaftlicher Hintergrund einer Markenanmeldung unterstellt werden. Es müsse vielmehr unter Berücksichtigung aller möglichen Fallgestaltungen ein angemessener Mittelwert gefunden werden, der auch steigende Kosten einbeziehe und für einen längeren Zeitraum gelten könne. Im Hinblick darauf, dass der BGH schon seit fast zehn Jahren einen Regelstreitwert von 50.000,00 € ansetzte und sich das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers am Schutz der angegriffenen Marke nicht instanzabhängig steigere, sondern der Verfahrenswert derselbe bliebe, erscheine unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ein Regelstreitwert von 50.000,00 € angemessen.
Eine Erhöhung dieses Regelstreitwertes von 50.000,00 € auf die von der Markeninhaberin beantragten 100.000,00 € komme nicht in Betracht. Denn die Beschwerdegegnerin habe keine konkreten gegenstandswerterhöhenden Umstände, wie z.B. eine Benutzungsaufnahme vor Abschluss des Widerspruchsbeschwerdeverfahrens oder besonders hohe Aufwendungen für die Entwicklung der Marke vorgetragen. Soweit sie den beantragten höheren Gegenstandswert damit begründe, dass der Widersprechende unter offensichtlichem Rechtsmissbrauch das Verfahren über volle fünf Jahre rechtshängig gehalten und damit das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers über einen entsprechenden Zeitraum geschmälert habe, sei darauf hinzuweisen, dass gerade auch solche – nicht immer konkret bezifferbaren – verzögerungsbedingten Umsatzausfälle bei der Bildung des Regelstreitwertes berücksichtigt worden sind. Ohne substantiierte Darlegung und Glaubhaftmachung weit darüber hinausgehender Umsatzverluste sei eine Erhöhung des Regelgegenstandswertes nicht zu rechtfertigen.
BPatG, Entscheidung vom 13.08.2014, Az. 26 W (pat) 34/13