Wer sich in einer Unterlassungserklärung dazu verpflichtet, einen bestimmten Inhalt (z. B. ein Video) nicht mehr zu veröffentlichen, muss gegebenenfalls auch auf Dritte einwirken, bei denen der Inhalt weiter abrufbar ist. Das LG Köln entschied nun, dass jedoch nicht immer Handlungspflichten bestehen. Wo liegen die Grenzen?
Wer im Internet ein Video höchlädt, sollte hierzu berechtigt sein und nicht gegen Urheber- oder sonstige Rechte verstoßen. Sonst kann ihn der Rechteinhaber verpflichten, den Inhalt wieder zu löschen. Was jedoch, wenn sich der rechtswidrige Inhalt inzwischen weiterverbreitet hat? Muss der Uploader auch auf Dritte einwirken, die den Inhalt weiter nutzen?
Comedian nach Rechtsverletzung zur Unterlassung verpflichtet
Kläger des Verfahrens betreibt einen Facebook Kanal, auf dem er u. a. selbst hergestellte Videos postet. Der Beklagte, ein Comedian, betrieb seinerseits einen Instagram-Kanal. Auf diesem lud er ein Video hoch, welches Teile aus einem Video des Klägers enthielt. Nach einer urheberrechtlichen Abmahnung des Klägers entfernte der Beklagte das Video aus seinem Instagram Kanal und gab eine Unterlassungserklärung ab und zahlte an den Kläger 1.500,00 €.
Video durch Dritte weiterverbreitet: Vertragsstrafe verwirkt?
Das vom Beklagten zunächst hochgeladene Video war jedoch auch von Dritten auf deren Facebook-Seiten weiterverbreitet worden. Dort waren das Video nach Abgabe der Unterlassungserklärung weiter abrufbar. Der Kläger ließ den Beklagten daher wegen der andauernden Abrufbarkeit auf einer solchen Dritt-Seite erneut abmahnen und nahm ihn auch auf die Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch. So vertritt der Kläger die Meinung, der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, auf die Betreiber jener anderen Facbook-Seite einzuwirken, das Video löschen zu lassen. Der Beklagte sah keine Verletzung von Handlungspflichten und trat den Ansprüchen entgegen.
LG Köln verneint Verletzung von Handlungspflichten
Der Kläger zog also vor das LG Köln. Dort forderte er u. a. erneute Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz dem Grunde nach, sowie die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,00 €. Das Landgericht (Urteil vom 13.01.2022, Az. 14 O 127/20) sah in der andauernden Abrufbarkeit des Videos auf der Facebook-Seite eines Dritten keine Verletzung von Handlungspflichten durch den Beklagten. Unstreitig handele es sich nicht um seinen eigenen Facebook-Auftritt. Keinesfalls bestehe daher eine haftung für eigenes Verhalten. Es bestehe aber auch Keine Haftung als Störer, da er auch keine Pflicht zur Einwirkung auf Dritte missachtet hat. Insbesondere müsse sich der Beklagte die Veröffentlichung auf der Dritt-Seite nicht anrechnen lassen, da er auch nicht wirtschaftlich profitiere.
keine wirtschaftlichen Vorteile des Beklagten
So führt das Landgericht aus:
„Eine Erstreckung der Unterlassungsverpflichtung auf die Einwirkung auf Dritte wie den Betreiber der Facebook Seite scheitert hingegen daran, dass dessen Handeln vorliegend dem Beklagten nicht wirtschaftlich zugutekommt und er mit einer Übernahme wie im konkreten Fall nicht ernstlich rechnen musste. Es ist in keiner Weise ersichtlich, dass der Beklagte wirtschaftliche Vorteile durch die Abrufbarkeit des Videos bei der reichweitenstarken Facebook Seite „…“ hat oder hatte (vgl. auch AG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2021, Az. 10 C 23/21). Denn vorliegend hat die genannte Facebook Seite das Video nicht etwa verlinkt oder durch sonstige der Plattform immanenten Funktionen (zB @-Tag o.Ä.) unter Hinweis auf den Beklagten zur Verfügung gestellt, sondern das Video als eigenen Beitrag veröffentlicht. Es erscheint den Nutzern des sozialen Netzwerks deshalb nicht als „Werk“ des Beklagten. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Video selbst oder aus den textlichen Ergänzungen. Folglich erhielt der Beklagte nicht einmal mittelbare Vorteile durch eine größere Bekanntheit infolge der andernfalls eingetretenen Bewerbung seines Accounts.“
keine Vertiefung einer früheren Urheberrechtsverletzung
Das Landgericht sah in der Veröffentlichung des Videos auf der Dritt-Seite eine selbstständige Urheberrechtsverletzung, für die den Beklagten keine Verantwortlichkeit treffe. So führt das Landgericht weiter aus:
„Dass andere Content-Anbieter aber ein Video vom Account des Beklagten herunterladen und durch eigenen neuerlichen Upload auf einem anderen Account ohne jegliche Verlinkung erfolgreich nutzen, ist nicht als Vertiefung einer früheren Urheberrechtsverletzung anzusehen. Vielmehr stellt dies eine neuerliche und isolierte Urheberrechtsverletzung eines Dritten dar, mit der der Beklagte nicht rechnen musste und die er auch nicht beherrschen konnte.“
Das Urteil setzt den Handlungspflichten eines Unterlassungsschuldners klare Grenzen. Jedoch dürfen sich Betroffene nicht in falscher Sicherheit wiegen. Denn überall dort, wo der Unterlassungsschuldner jedenfalls mittelbar auch von der Veröffentlichung eines entsprechenden Inhalts auf einer solchen Dritt-Seite profitieren kann, sei es auch nur durch Werbe-Effekte, können Handlungspflichten auch nach dem Urteil des Landgerichts durchaus bestehen.
Rechtsanwalt Otto Freiherr Grote aus Düsseldorf berät seit mehreren Jahren persönlich zahlreiche Mandanten bundesweit in Fragen des Medien- und Urheberrechts. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, entweder per E-Mail unter kontakt@das-gruene-recht.de oder telefonisch (Tel.: 0211-54 20 04 64). Lesen Sie weitere Beiträge zu diesem Thema in unseren News.