Lost Place: AG München urteilt im Urheberrechtsstreit um verfallene Burg

Darf eine verfallene Burg gegen den Willen der Eigentümergesellschaft als „Lost Place“ bezeichnet werden? Stellen Fotos aus dem Innenraum einer solchen Burg Verstöße gegen das Urheberrecht dar, die zu einem Schadensersatz berechtigen? Das AG München musste sich mit diesen Fragen auseinandersetzen. Was war geschehen?

Lost Places – Verlassene Orte als beliebtes Fotomotiv

Liegenschaften, die schon seit längerem dem Verfall preisgegeben und sind, bezeichnet man landläufig als so genannte Lost Places. Oft besitzen diese verlassenen Orte einen ganz besonderen morbiden Charme, bei der Verfall mit Spuren vergangener Nutzung aufeinandertreffen. Die Vorstellung, dass diese Orte vielleicht schon volkommen in Vergessenheit geratenen und Jahre nicht mehr betreten worden sind, regt die Phantasie der Betrachter an. Fotos von solchen Lost Places, deren genauer Ort oft nicht verraten wird, sind im Internet sehr beliebt. Zahlreiche Foren und Websites widmen sich diesem Thema. Nicht selten finden die Bilder ohne Zustimmung der Grundstückseigentümer den Weg ins Internet.

Burg-Eigentümerin fordert Schadensersatz nach Bilder-Veröffentlichung

Auf einer Internetseite waren Fotos, teils auch Innenansichten einer historischen thüringischen Burg veröffentlicht worden, wo der Ort als „Lost Place“ bezeichnet wurde. Die Eigentümerin der Burg, eine Amerikanische Gesellschaft ging gerichtlich gegen die Websitenbetreiberin vor und forderte 4.500,00 € Schadensersatz, wobei sie sich auf eigene Urheberrechte an der Burg berief und die Verletzung „ausländischen Urheberrechts“, eines „foreign copyright claim“ rügte. Zudem handele es sich bei der Bezieichnung „Lost Place“ um eine unwahre Tatsachenbehauptung, da die Burg weder verloren noch verlassen sei. Hierin sah die klagende Gesellschft eine Verletzung ihrer Personlichkeitsrechte.

AG München: keine Urheberrechte der klagenden Gesellschaft

Das AG München (Urteil vom 09.04.2021, Az. 142 C 14251/20) erteilte den Forderungen der amerikanischen Eigentümer-Gesellschaft nun eine Absage. So sei die Gesellschaft bereits nicht in der Lage, selbst Trägerin von Urheberrechten zu sein. Urheberrechte können vielmehr nur bei natürlichen Personen, also Menschen, nicht aber bei juristischen Personen liegen. Zudem sei nicht ersichtlich, welche Urheberrechte überhaupt betroffen sein könnten. Mutmaßlich bestehende Urheberrechte an dem Jahrhunderte alten Bauwerk wären jedenfalls längst erloschen. Auch an der Bezeichnung „Lost Place“ konnte das Amtsgericht keinen Anstoß nehmen. Es handele sich vielmehr vorliegend um eine offenkundig wahre Tatsachenbehauptung.

Rechtsanwalt Otto Freiherr Grote aus Düsseldorf berät seit mehreren Jahren persönlich zahlreiche Mandanten bundesweit zum Urheber- und Medienrecht. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, entweder per E-Mail unter kontakt@das-gruene-recht.de oder telefonisch (Tel.: 0211-54 20 04 64). Lesen Sie weitere Beiträge zu diesem Thema in unseren News.