Kann eine Unterlassungserklärung ausschließlich via E-Mail abgegeben werden? Oder muss die Erklärung auch im Original vorgelegt werden? Der BGH hat entschieden, dass eine Unterlassungserklärung, wenn sie von einem Kaufmann kommt, hinreichend ernsthaft ist, auch wenn sie nur per PDF versandt wird. Was jedoch, wenn die Unterlassungserklärung nicht angenommen wird?
Unterlassungserklärung trotz Forderung eines Originals nur als PDF via E-Mail versandt
Nach einer Abmahnung wegen unverlangter E-Mail-Werbung hatte der abgemahnte Händler eine Unterlassungserklärung als PDF via E-Mail abgegeben. In der Abmahnung war zwar die Vorab-Übersendung per Fax oder Mail zur Fristwahrung gestattet worden. Dies sollte aber nur gelten, sofern das Original der Erklärung danach binnen weniger Tage eingehe. Der Abmahner ließ die PDF-Abmahung nicht ausreichen. Er verweigerte die Annahme und klagte auf Unterlassung. Ob der abgemahnte Händler eine Original-Erklärung hinterhergeschickt hatte, wie von ihm behauptet, blieb streitig. Im gerichtlichen Verfahren gab die Beklagte eine neue Unterlassungserklärung im Original ab. Die Klägerin gab eine
BGH: Unterlassungserklärung eines Kaufmanns auch per Mail ausreichend ernstlich
Der BGH (Urteil vom 12.01.2023 – I ZR 49/22) urteilte zunächst, dass grundsätzlich die von einem Unternehmer gewählte Form einer Übersendung als PDF nicht gegen die Ernstlichkeit der Erklärung streitet. So führte der BGH aus:
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich die Übermittlung von rechtsverbindlichen Erklärungen im Wege einer E-Mail im Geschäfts- und Rechtsverkehr durchgesetzt hat. Dass es dabei von unrichtigen tatsächlichen Umständen ausgegangen ist oder abweichenden Sachvortrag der Klägerin zu etwaigen mit der Verwendung von E-Mails regelmäßig verbundenen Beweisschwierigkeiten oder relevanten Zweifeln an der Urheberschaft des Absenders einer E-Mail unberücksichtigt gelassen hat, wird von der Revision nicht dargetan. Solche Schwierigkeiten und Zweifel sind jedenfalls bei der im Streitfall in Rede stehenden, mittels E-Mail erfolgten Übersendung einer unterschriebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung im PDF-Format nicht ersichtlich. Die Beurteilung des Berufungsgerichts hat überdies zutreffend den technischen Fortschritt auf dem Gebiet der Telekommunikation in den Blick genommen (…) und bei der nach den Gesamtumständen vorzunehmenden Bewertung der Ernstlichkeit der Unterlassungsverpflichtungserklärung berücksichtigt.
Kein wirksamer Unterlassungsvertrag und daher kein Wegfall der Wiederholungsgefahr bei verweigerter Annahme
Jedoch sei die Wiederholungsgefahr vorliegend nicht vor Klageerhebung entfallen. Denn die Klägerin habe die per PDF abgegebene Unterlassungserklärung nicht angenommen. Daher sei – nach einer erst nach Verkündung des Berufungsurteils erfolgten Änderung der BGH-Rechtsprechung – kein Unterlassungsvertrag zustande gekommen. Hierdurch existiere auch noch kein wirksame Vertragsstrafenvereinbarung, welche die Wiederholungsgefahr entfallen lassen könnte. Es half der Beklagten hier auch nicht, dass sich die Rechtsprechung erst nach Verkündung des Berufungsurteils geändert hatte. Hierzu urteilte der BGH:
Allerdings konnte der Beklagte die Belastung mit den Kosten des Rechtsstreits nicht durch ein sofortiges Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO nach der Erörterung des Sach- und Streitstands in der Revisionsverhandlung vermeiden. Eine Rechtsprechungsänderung ermöglicht dem Beklagten in der Regel kein sofortiges Anerkenntnis, weil die Einschätzung der Rechtslage in seinen Verantwortungsbereich fällt (vgl. BeckOK.ZPO/Jaspersen, 47. Edition [Stand 1. Dezember 2022], § 93 Rn. 99).
Es ist aber weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass die hier in Rede stehende Belastung des Beklagten mit den Prozesskosten unter dem Gesichtspunkt des Vertrauens auf die Fortdauer der bisherigen Rechtsprechung zu unbilligen, ihm nicht zumutbaren Härten führen würde.
Sofortiges Anerkenntnis bietet Schutz vor unbilligen Ergebnissen
Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte das Pech, dass sich die BGH-Rechtsprechung erst im laufenden Verfahren (erst nach dem Berufungsurteil) änderte. In künftigen Fällen können Betroffene, deren (ausreichend ernsthafte) Unterlassungserklärungen nicht akzeptiert werden, nach Klageerhebung den Unterlassungsanpruch sofort anerkennen und somit versuchen, die Kostenlast des Gerichtsverfahrens dem Abmahner auferlegen zu lassen.
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