Dürfen im Hintergrund von Produktfotos in einem Möbelkatalog neben den Produkten auch Kunstwerke mit abgebildet sein, ohne, dass eine Einwilligung des Künstlers oder Rechteinhabers vorliegt? Der BGH (Urteil vom 17.11.2014, Az I ZR 117/13) hat entschieden, dass dies unter Umständen eine Urheberrechtsverletzung darstellen kann.
Einbindung eines Kunstwerks in ein Produktfoto
In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte ein Künster einige seiner Bilder für eine Ausstellung von Möbeln zur Verfügung gestellt. Ein Foto dieser Möbel, das im Ausstellungraum aufgenommen worden war, fand sich später in einem Katalog des Beklagten sowie auf dessen Internet-Auftritt. Auf diesem Bild war neben den ausgestellten Möbeln auch das Kunstwerk des klagenden Urhebers zu sehen, ohne dass der Künster dort jeweils als Urheber benannt worden wäre.
Zwar hatten das Landgericht sowie das Berufungsgericht zunächst einen Eingriff in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung bejaht. Mit dem Argument, bei dem auf dem Lichtbild mit abgebildetenKunstwerk habe es sich nur um unwesentliches Beiwerk im Sinne des § 57 UrhG gehandelt, wodurch es von einer Schranke des Urheberrechts erfasst sei, war der Beklagte Möbelhersteller in den ersten zwei Instanzen erfolgreich gewesen. Nach § 57 UrhG ist auch die öffentliche Zugänglichmachung eines Werks zulässig, wenn es als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlich veröffentlichten Gegenstand anzusehen sei. Dabei hatten diese Gericht darauf abgestellt, dass das mit abgebildete Kunstwerk im Verhältnis zu dem gesamten Möbelkataloges sowie des umfänglichen Web-Auftrittes des Beklagten als „eigentlichem Gegenstand“ einen unwesentlichen Stellenwert besitze.
BGH: Fehler bei Bestimmung des „Hauptgegenstandes“
Der BGH hat die Entscheidung des Berufungsgericht aufgehoben und den Fall an das OLG Kön zurückverwiesen. Dabei stellte der BGH vor allem darauf ab, dass man in den Vorinstanzen den Haupgegenstand fehlerhaft bestimmt habe, nach dem sich die Wenstlichkeit des Beiwerks bestimmen ließe. Fälschlicherweise habe man auf den gesamten Katalog sowie die vollumfänglichen Inhalt des Webauftritts und nicht auf die beanstandete Fotografie selbst abgestellt.
Beiwerk-Schranke ist eng auszulegen
Dabei stellte der BGH mit Verweis auf die Infosoc-Richtlinie fest, dass Schrankenbestimmungen eng auszulegen seien. Dies gelte auch für die Bestimmung des „eigentlichen Gegenstandes“ im Sinne der Beiwerk-Schranke. Ob es sich dabei um umwesentliches Beiwerk handele müsse daher im Lichte der Fotografie selbst geprüft werden, vor allem im Lichte deren ästhetischer Gestaltung.
Kein Beiwerk, wenn das Kunstwerk stimmungsbildend zum Hauptwek beiträgt
Der BGH stellte fest, dass das eingebundene Werk nur dann als Beiwerk anzusehen sei, wenn es auf dem Hauptwerk weggelassen werde könnte, ohne dass dies dem Betrachter ausffiele. Dies sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn es etwa erkennbar stil- oder stimmungsbildend oder eine bestimte Wirkung oder Aussage unterstreichend einbezogen sei. Im konkreten Fall stellte der BGH fest, dass das Kunstwerk gerade einen farblichen Akzent vor dem Hintergrund der schwarzweiss gehaltenen Produkte des Beklagten setze. Somit komme dem Kunstwerk auf der Komposition des Bildes eine nicht unerhebliche ästhetische Bedeutung zu.
Die Entscheidung des BGH dürfte große Bedeutung für den Bereich der Produktfotografie haben, wo Kunstwerken und andere urheberrechtlich oder designrechtlich geschützte Gegenstände aus ästhetischen Gründen oftmals in die Bilder eingebunden werden.