Wie kann sich ein Gastro-Unternehmen mit einem innovativen Gastronomiekonzept gegen Nachahmer rechtlich zur Wehr setzen? Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem aktuellen Urteil den wettbewerblichen Nachahmungsschutz bejaht und der Gastronomiekette „FRITTENWERK“ die Schutzfähigkeit ihres Konzepts attestiert.
Nachahmung des Konzepts „Frittenwerk“
Das OLG Düsseldorf sah in der Gastro-Gestaltung eines Wettbewerbers der Food-Kette „FRITTENWERK“ eine nachschaffende Leistungsübernahme von deren Gastronomiekonzept.
Laut der u.a. für Wettbewerbsrecht zuständigen 15. Zivilkammer des OLG Düsseldorf sei die Nachahmung eines modernen Gastronomiekonzeptes, welche zu einer vermeidbaren Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft führe, rechtwidrig. Indem die Beklagte zusätzlich zum Hauptprodukt des Gastronomiekonzepts der Klägerin zahlreiche gestalterische Elemente der Ladenlokale und Speisekarte nachgeahmt hätten, handele es sich um eine sog. nachschaffende Leistungsübenahme. Dies sei zu unterlassen.
FRITTENWERK: Innovatives Gastronomiekonzept vor Nachahmung schützen
Was war passiert? Die von unserer Kanzlei vertretene Klägerin betreibt seit einigen Jahren unter der Bezeichnung „FRITTENWERK“ eine deutschlandweit stetig wachsende Anzahl von modernen Schnellrestaurants. In diesen wird der Imbissklassiker „Pommes Frites“ mit frischen Zutaten neu interpretiert. Das Konzept spiegelt sich auch im Design der Restaurants wieder. Die Gestaltung der Einrichtung soll die Jugendlichkeit und Nachhaltigkeit des Konzepts unterstreichen und einen Wiedererkennungseffekt schaffen. So werden in der Raumgestaltung etwa Naturhölzer, rote Klinkersteine, schwarze Metrofliesen und pflanzliche (grüne) Elemente miteinander kombiniert. Grundlage für die eigentliche Produktpräsentation sind einheitliche schwarze Menükarten und Tafeln mit markanten Darstellungen und Speisebeschreibungen.
Streitiges Gastronomiekonzept der Beklagten
Die Beklagte startete im Jahr 2016 in der Duisburger Innenstadt einen Gastronomiebetrieb. Dieser war erkennbar am erfolgreichen Konzept vom FRITTENWERK angelehnt.
Auffallend waren frappierend ähnliche, teilweise identische Gestaltungsmerkmale zu denjenigen der Düsseldorfer Frittenwerker. Selbst der Name klang auffallend ähnlich. Produktpräsentationen, Einrichtungs- und Farbauswahl, Menükarten und Beschreibungen waren an das erfolgreiche Konzept des FRITTENWERKS angelehnt. Die Klägerin sah daher in dem Duisburger Gastro-Objekt eine wettbewerbswidrige Nachahmung ihrer eigenen Restaurants.
LG Duisburg als 1. Instanz nahm einen Wettbewerbsverstoß an
So sah es in der 1. Instanz auch das Landgerichts Duisburg. Es bescheinigten der Klägerin die notwendige – zumindest regionale – Bekanntheit, nicht zuletzt dokumentiert durch zahlreiche Presseartikel und durch verschiedene Auszeichnungen des Konzepts.
Die dortige Kammer verwies darauf, dass eine Nachahmung einer fremden Leistung zwar grundsätzlich erlaubt sei, wenn die nachgeahmte Werbung keinen eigenartigen und selbständigen Gedanken enthalte. Demgegenüber sei die Nachahmung eines neuen, sich von gängigen Werbemaßnahmen durch Eigenart und selbständige Gedankenführung unterscheidenden Werbekonzepts wettbewerbswidrig. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn die Nachahmung – wie vorliegend – zu einer vermeidbaren Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft führe. Die Beklagte habe sich an das FRITTENWERK Gastronomiekonzept angelehnt und verursache dadurch eine Herkunftstäuschung.
OLG Düsseldorf bestätigt Nachahmung des Frittenwerk-Konzepts
Das OLG Düsseldorf bestätigte das erstinstanzliche Urteil des LG Duisburg und wies die Berufung der beklagten Gastronomie aus Duisburg zurück. Die Klägerin habe gegen die Beklagte u.a. Ansprüche aus Unterlassen des nachgehamten Konzepts und Schadensersatz „wegen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. §§ 4 Nr. 3 a), 3 UWG„.
Der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses sei wettbewerbswidrig, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfüge und besondere Umstände hinzutreten, welche die Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. So läge der Fall hier.
Gastronomiekonzept der Klägerin schutzfähig
Das OLG bezeichnete das Klägerkonzept als ein „schutzfähiges Erzeugnis mit durchschnittlicher wettbewerblicher Eigenart„. Diese Eigenart bestehe aus verschiedenen „Gestaltungselementen“, so etwa den Menükarten, der farblichen und materiellen Gestaltung des Restaurants sowie auch der Ausgestaltung des Logos.
Nachschaffende Leistungsübernahme durch Beklagte
Das Konzept der Beklagten stelle eine Nachahmung dar, wobei es sich nicht um eine fast identische, sondern um eine nachschaffende Leistungsübernahme handele. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sei grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den Original und Nachahmung bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem Betrachter vermittelten:
„Eine nachschaffende Leistungsübernahme liegt demnach vor, wenn die fremde Leistung nicht unmittelbar oder fast identisch übernommen werde, sondern als Vorbild benutzt und nachschaffend unter Einsatz eigener Leistung wiederholt wird, mithin eine Annäherung an das Originalprodukt vorliegt. … Entscheidend ist, ob die Nachahmung wiedererkennbare wesentliche Elemente des Originals aufweist oder sich deutlich davon absetzt.“
FRITTENWERK-Menükarten „nahezu identisch übernommen„
Vorliegend sei die nachschaffende Leistungsübernahme insbesondere daher anzunehmen, da die Beklagte die Menükarten der Klägerin „nahezu identisch übernommen und in wesentlichen Gestaltungsmerkmalen sogar imitiert“ habe. Ihre Gestaltung gleiche „in frappierender Weise derjenigen der Klägerin„. Bereits aufgrund dieser nahezu identischen Übernahme der Menükarten, die ein wesentliches Gestaltungselement eines Gastronomiekonzepts sei, sei eine deutliche Anlehnung an das Original gegeben. Dies gelte umso mehr, weil die Beklagte ihre Menükarten auf der Tafel hinter der Bedienungstheke in ihren prägenden Gestaltungsmerkmalen reproduziere.
Der dadurch ausgelöste Wiedererkennungseffekt werde durch weitere markante Elemente noch verstärkt, weshalb das Konzept der Beklagten als nachschaffende Leistungsübernahme zu qualifizieren sei.
Entscheidend sei letztlich, dass die Übernahme prägnanter Merkmale aus der Gestaltung der Restaurants neben der nahezu identischen Übernahme der Menükarten den Wiedererkennungseffekt erhöhten. Dies führe bei der gebotenen Gesamtbetrachtung dazu, dass das Konzept der Beklagten zusätzliche Elemente des Originals aufweise, die der Verkehr auf Grundlage seiner Erinnerung mit dem Gastronomiekonzept von FRITTENWERK in Verbindung bringe.
Vermeidbare Täuschung des Verkehrs
Die Leistungsübernahme der Beklagten führe zu einer vermeidbaren Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise über ihre betriebliche Herkunft im Sinne des § 4 Nr. 3a) UWG. Dies sei immer dann der Fall, wenn der Eindruck entstehe, die Nachahmung stamme vom Hersteller des Originals, wobei nicht zwingend alle Gestaltungsmerkmale übernommen werden müßten.
Vorliegend würden zwar im Verhältnis zur identischen Leistungsübernahme bei der nachschaffenden Leistungsübernahme höhere Anforderungen gelten, die indes erfüllt seien.
Die Beklagte habe schlicht zu wenig getan, um sich erkennbar von dem Gastronomiekonzept der Klägerin abzugrenzen. Selbst bei der Auswahl des Namens für das Gastronomieobjekt habe man sich durch die Übernahme des Bestandteils „FRITTEN“ derartig an das Konzept der Klägerin angenähert, dass sich daraus die Vermutung eben nicht ausräumen lasse, bei der Nachahmung handele es sich jedenfalls um eine Zweitmarke der Klägerin. Das OLG unterstellt letztlich zu Recht, dass eine Herkunftstäuschung für die Beklagte vorliegend einfach vermeidbar gewesen sei.
Ältere Rechtsprechung zur Nachahmung von Gastronomiekonzepten
Das OLG Düseldorf bestätigte durch sein Urteil ähnlich gelagerte Fälle, bei denen Gastronomiebetrieben bereits in der jüngeren Vergangenheit eine Nachahmung innovativer Gastronomiekonzepte von Wettbewerbern untersagt wurde (LG Münster, Urteil vom 21.04.2010, 021 O 36/10 – Vapiano).
OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2018, I-15 U 74/17 (nicht rechtskräftig)
Vorinstanz: Landgericht Duisburg, Urteil vom 14.07.2017, 10 O 21/17