OLG Hamburg: Schlagzeile „Wir sind Papst“  genießt urheberrechtlichen Schutz

Können sehr kurze Wortfolgen urheberrechtlich geschützt sein? Diverse Urteile verschiedener Gerichte aus der Vergangenheit zeigen: Es kommt auf den jeweiligen Einzelfall an. Nun sprach das OLG Hamburg der ikonischen BILD-Schlagzeile „Wir sind Papst“ aus 2005 urheberrechtlichen Schutz zu. Wie ist dieses Gerichtsurteil rechtlich einzuordnen?

Urheberschutz kurzer Wortfolgen oft unklar

Verschiedene Arten von Werken können urheberrechtlichen Schutz genießen. Nicht nur Kunst, Melodien, Fotos oder Videos können dem Urheberrecht unterfallen sondern auch Texte (Sprachwerke). Für einen urheberrechtlichen Schutz ist jedoch auch immer eine ausreichende Schöpfungshöhe erforderlich. Während der Urheberschutz von Langtexten (z. B. Romanen, Drehbüchern, Balladen) häufig unproblematisch angenommen wird, ist dies bei sehr kurzen Wortfolgen oft anders.  Dort stellt sich die Frage, ob ein urheberrechtlicher Schutz bereits aufgrund der Kürze des Spruchs ausgeschlossen sein kann.

„Wir sind Papst“: Ikonische Schlagzeile der BILD Zeitung

In der aktuellen Auseinandersetzung ging es um die nur aus drei Wörtern bestehende Schlagzeile „Wir sind Papst“. Dieser Slogan des Journalisten Georg Streiter anlässlich der Wahl Joseph Ratzingers zum Papst im Jahr 2005 hatte damals für Aufmerksamkeit gesorgt und viele zum Schmunzeln gebracht. Die Schlagzeile konnte als Anspielung verstanden werden, dass die Wahl eines Deutschen zum Papst in Deutschland in großen Teilen wie ein nationaler Erfolg aufgenommen wurde.  

OLG Hamburg: Hinreichende Schöpfungshöhe bejaht

Nachdem es zu einer Nutzung des Slogans durch die Beklagte gekommen war, sah man bei der Springer eine Verletzung von Urheberrechten. So sah es nun auch das OLG Hamburg (Urteil vom 29.08.2024, Az. 5 U 116/23).  Das OLG bestätigte eine ausreichende Schöpfungshöhe für diese bemerkenswert kurze Wortfolge. Die bekannte Schlagzeile bringe, so das OLG, in besonders prägnanter Form ein Identifikationsgefühl der Bevölkerung zum Ausdruck.  Es handele sich um eine „prägnante Zusammenfassung eines Artikels in nur drei Worten“. Eindrucksvoll werde das Ereignis und die damit zusammenhängende Überraschung und Freude der Deutschen im Zusammenhang mit der Wahl eines deutschen Papstes zum Ausdruck gebracht.

Anerkennung der Schlagzeile in Fachkreisen und in der übrigen Öffentlichkeit

Mitentscheidend für die Einschätzung des OLG war auch die breite Anerkennung, die die bekannte Schlagzeile damals erfahren hat und bis heute erfährt. So sei der Spruch in zahlreichen Varianten zitiert worden. Er sei von der „Gesellschaft für deutsche Sprache“ besonders gewürdigt worden. Auch sei die Schlagzeile mit einem Kreativpreis des Art Directors Club Deutschland ausgezeichnet worden.

Achtung: Kein Schutz bei vielen anderen kurzen Sprüchen

Das aktuelle Urteil des OLG Hamburg ist vor allem deshalb so beachtenswert aber auch mit Vorsicht zu genießen, da viele Urteile vorliegen, die bei vergleichbar kurzen Sprüchen den Urheberschutz verneinen. Beispielsweise hatte das OLG München (Beschluss vom 14.08.2019, Az. 6 W 927/19) der Wortfolge „Früher war mehr Lametta“ fehlende Schutzfähigkeit attestiert. Dabei handelte es sich hier um einen überaus populären Ausspruch eines bekannten Humoristen (Loriot).

Das OLG Köln (Urteil vom 08.04.2016, Az. 6 U 120/15) entschied, dass die Wortfolge „Wenn das Haus nasse Füße hat“ keinen Urheberschutz für sich in Anspruch nehmen kann.

Auch dem Werbe-Spruch „Hier ist DEA –  Hier tanken Sie auf“ versagte das OLG Hamburg (Urteil vom 9. 11.2000 – Az. 3 U 79/99) eine urheberrechtliche Schutzfähigkeit.

Zuletzt bestätigte auch das LG köln in einer von uns erstrittenen Entscheidung (Urteil vom 26.01.2023, Az. 14 O 24/22), dass der Spruch „Geimpft gechipt entwurmt“ nicht urheberrechtlich schutzfähig ist.

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