Darf ein Ausschnitt aus einem Lichtbild abgemalt und ohne die Zustimmung des Fotografen auf einer T-Shirt Grafik gewerblich genutzt werden. Das LG Hamburg entschied, dass eine solche Nutzung zulässig sein kann. Worauf kommt es hierbei nach der Ansicht des Gerichts an?
Motiv eines Soldaten aus Lichtbild abgemalt
Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits war die größte deutsche Nachrichtenagentur, die Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Fotos ist. Das Bild zeigte einen Soldaten in voller Kampfmontur im Einsatz. Der Beklagte hatte die Figur des Soldaten von dem Lichtbild abgezeichnet und mit der Zeichnung in Verbindung mit dem Text „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal fürchte ich kein Unglück“ eine T-Shirt Grafik gestaltet. In seinem Online-Shop bot er Kleidungsstücke mit dieser Grafik an.
Die Klägerin, die hierin eine Verletzung ihres ausschließlichen Nutzungsrechts sah, nahm den Beklagten vor dem AG Hamburg auf Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.
Das Amtsgericht hatte die Klage mit Urteil vom 25.10.2018 abgewiesen. Zwar sei die Fotografie jedenfalls als Lichtbild gem. §72 UrhG geschützt, der darauf abgebildete Soldat genieße allein jedoch keinen Urheberschutz. Jedenfalls aber stelle die Shirt-Grafik eine freie Bearbeitung im Sinne des § 24 UrhG dar. Denn es handele sich dabei um eine selsbtständige eigenschöpferische Leistung, hinter der die eigenpersönlichen Züge der Fotografie verblassten, so das Amtsgericht.
Die klagende Agentur legte Rechtsmittel ein, in dem sie u. a. rügte, der Beklagte könne sich nicht mehr auf § 24 UrhG berufen, nachdem der EuGH zuletzt entschieden hatte, dass das Vervielfältigungsrecht nur in den von Art. 5 InfoSoc-Richtlinie genannten Fällen eingeschränkt werden dürfe.
LG Hamburg: keine Rechtsverletzung durch die Shirt-Grafik
Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 22.05.2020, Az. 308 S 6/18) hat nun die Berufung der klagenden Agentur abgewiesen.
Zwar genieße die Fotografie mit dem Soldaten in ihrer Gesamtheit urheberechtlichen Schutz als Lichtbildwerk. Dabei berücksichtigte das Gericht die gesamte Bildkomposition, insbesondere das Wechselspiel von Schärfe und Unschärfe beim Vordergrund und Hintergrund des Bildes. Auch Teile eines Werkes könnten für sich genommen schutzfähig sein, sofern der betreffende Werkteil für sich genommen schutzfähig sei. Die Abbildung des Soldaten hingegen weise für sich genommen jedoch keine ausreichenden gestalterischen Besonderheiten auf, um alleine als urheberrechtliches Werk geschützt zu sein. Allerdings sei es als Lichtbild im Sinne des § 72 UrhG geschützt.
Auch das Landgericht sah in der Verwendung des lediglich abgemalten Soldaten in der Shirt-Grafik eine zulässige freie Benutzung im Sinne des § 24 UrhG. Danach komme es auf den Abstand des neuen Werks zu den eigenpersönlichen Zügen des ursprünglichen Werks an. Soweit es jedoch allein um die Firgur des abgebildeten Soldaten auf dem Foto ging, seien in dem ursprünglichen Bild keine eigenpersönlichen Merkmale vorhanden. Werde vielmehr eine auf einem bloßen Lichtbild abgemalte Person abgemalt, liege angesichts des geringen Schutzumfangs des § 72 UrhG regelmäßig eine freie Benutzung im Sinne des § 72 UrhG vor.
Lichtbilder nicht vom Schutz der InfoSoc Richtlinie erfasst
Auch auf die Regelungen der InfoSoc-Richtline der EU können die Klägerin sich hier nicht berufen. Laut Art. 2 lit. b) – d) der Richtlinie sei der Schutz urheberrechtlicher Werke abschließend auf einige weitere Schutzgegenstände erstreckt, nämlich:
- Aufzeichnungen ausübender Künstler
- von Tonträgerherstellern hergestellte Tonträger
- Originale und Vervielfältigungsstücke von Filmen
- Sendungsaufzeichnungen von Sendeunternehmen
Lichtbilder im Sinne des § 72 UrhG seien in diesem Schutzkatalog hingegen gerade nicht aufgeführt, so dass sich die Klägerin nicht auf die Einschränkungen dieser Richtline berufen könne. Daher liege vorliegend in der Verwendung der Shirt-Grafik weder eine unzulässige Vervielfältigung noch eine unzulässige Verbreitung oder ein unzulässiges öffentliches Zugänglichmachen vor.
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