Das LG Flensburg (Beschluss vom 17.03.2015, Az. 78 O 29/15) hat festgestellt, dass bei einer Abmahnung wegen des Verkaufs einer nicht autorisierten Bootleg-CD, (Bootleg-Abmahnung) ein Unterlassungsstreitwert wohl allenfalls bei 2.250,00 € liege.
Bootleg-Abmahnung der Kanzlei Sasse
Seit Jahren mahnt die Kanzlei Sasse & Partner aus Hamburg eBay-Verkäufer, häufig auch Privatpersonen, ab, die auf eBay CDs oder DVDs, die von den Künstlern (z. B. Phil Collins, nicht autorisiert waren (so genannten Bootlegs)) angeboten haben sollen. Dabei setzt die Kanzlei Sasse bei einer solchen Bootleg-Abmahnung regelmäßig Gegenstandswerte an, die über 10.000,00 € liegen, d. h. allein die von Sasse für die Abmahnung geforderten Rechtsanwaltsgebühren liegen meist deutlich über 700,00 €. Das LG Flensburg hat dieser Praxis nun eine Absage erteilt und machte deutlich, dass es einen Streitwert in Höhe von allenfalls 2.250,00 € für angemessen halte.
Was ist ein Bootleg?
Viele Privatleute verkaufen beim Auflösen ihrer Musiksammlungen die alten Tonträger (CDs und DVDs) auf eBay weiter. Häufig wird dabei nicht mehr als als 1,00 € pro Tonträger erlöst. Was viele jedoch nicht wissen – in vielen Sammlungen schlummern Tonträger, die nie mit der Erlaubnis der Rechteinhaber verkauft worden sind. Dabei handelt es sich oftmals um Aufnahmen, die niemals offiziell und rechtmäßig veröffentlicht wurden, z. B. nicht genehmigte Mitschnitte von Konzerten (so genannte Bootlegs), die in den letzten Jahrzehnten zu Hunderttausenden auf Schwarz- und Flohmärkten, oftmals aber auch über den regulären Schallplattenhandel verkauft worden sind. Der Name Bootleg leitet sich von den früher häufig im Stiefelschaft versteckten Aufnahmegeräten ab.
Bootleg-CD bzw. Bootleg-DVD auf eBay verkauft
Auch im vorliegenden Fall hatte ein eBay-Verkäufer ein solches Bootleg, nämlich den Tonträger „Phil Collins – Live USA“ auf Ebay angeboten. Auf die Bootleg-Abmahnung der Kanzlei Sasse und Partner hatte der abgemahnte eBay-Verkäufer nicht reagiert, daher hatte die Kanzlei Sasse vor dem LG Flensburg den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt.
LG Flensburg: Streitwert bemisst sich am Lizenzschaden
Das LG Fensburg wies den Antrag auf Erlass der Einstweiligen Verfügung zurück, da er aufgrund der Unzuständigkeit des Gerichts bereits unzulässig sei. Das Landgericht wäre selbst erst ab einem Streitwert von 5.000,00 € zuständig gewesen. Zwar liege eine Urheberrechtsverletzung vor. Durch die Verbreitung des illegalen Mitschnitts werde in das ausschließliche Recht des Künstlers eingegriffen, seine Darbietung auf Tonträger aufzunehmen (§ 77 Abs. 1 UrhG), diesen Tonträger zu veröffentlichen (§ 12 Abs. 1 UrhG) und zu verbreiten (§ 77 Abs. 2 S. 1 UrhG). Der Streitwert für den Unterlassungsanspruch bemesse sich jedoch an dem Dreifachen des entstandenen Lizenzschadens. Der Schaden, der der Musikindustrie durch den Verkauf bloß eines einzigen Bootleg-Exemplars entstehe, sei allerdings nicht im Geringsten mit den Filesharing-Fällen vergleichbar, wo eine Datei quasi unbegrenzt heruntergeladen werden kann. Der von vielen Gerichten bei Filesharing-Fällen für angemessen erachtete Lizenzschaden von 200,00 € sei also nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, sondern müsse erheblich gekürzt werden. Zusätzlich müsse berücksichtigt werden, dass man beim Angebot eines körperlichen Tonträgers nicht einfach alle darauf enthaltenen Titel addieren könne; schließlich müsse ein Musikalbum, welches sich regelmäßig aus erfolgreicheren und weniger erfolgreicheren Stücken zusammensetzt, in einem Zusammenhang gesehen werden.
LG Flensburg: vorliegend allenfalls 2.250,00 € Streitwert
Im Ergebnis hielt das LG Flensburg bei einer sehr großzügigen Berechnung einen Lizenzschaden in Höhe von allenfalls 750,00 € für angemessen, womit sich hier insgesamt ein Streitwert in Höhe von bloß 2.250,00 € ergebe. Eine Zuständigkeit des Landgerichts sei also nicht annähernd gegeben.
Der Entscheidung des LG Flensburg folgend wären die von der Kanzlei Sasse und Partner üblicherweise bei einer Bootleg-Abmahnung geltend gemachten Anwaltskosten erheblich übersetzt. Angemessen wären in einem solchen Fall vielmehr allenfalls Anwaltskosten von weniger als 350,00 €.
Wenn auch Sie eine solche Bootleg-Abmahnung der Kanzlei Sasse und Partner erhalten haben, nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, entweder per Mail unter kontakt@das-gruene-recht.de oder telefonisch (+49-211-54200464). Rechtsanwalt Otto Freiherr Grote berät seit Jahren persönlich zahlreiche Mandanten bundesweit, die von Abmahnungen wegen des Anbietens von Bootlegs betroffen waren.