Urteil des LG Düsseldorf vom 05.06.2024 Az. 12 O 155/21 (Volltext), nicht rechtskräftig (Stand: 15.06.2024)
Leitsätze (nicht amtlich):
1. Nach der ungewollten Veröffentlichung von Video- und Bildmaterial, welches die betroffene Person nackt und bei der Vornahme sexueller Handlungen zeigt, kann eine Geldentschädigung beansprucht werden. Deren Höhe kann u. a. davon abhängen, wie lange auf dem veröffentlichten Material jeweils zu erkennen ist. Auch weitere Kriterien, wie der Grad des Verschuldens können auf die Höhe der Geldentschäsigung Einfluss haben. (hier zugesprochen: 2.000,00 €).
2. Soweit bei einem solchen Verstoß auch eine Vertragsstrafe verwirkt ist, kommt es auch für deren Höhe u. a. darauf an, wie lange die betroffene Person auf dem jeweils noch verbliebenen Material zu erkennen ist, ferner auch auf die Frage des Vorsatzes und, ob es sich um den ersten Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung handelt (hier zugesprochen: 4.000,00 €).
Tenor:
1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, Lichtbilder und/oder Videos, auf denen der Kläger nackt und/oder bei der Vornahme sexueller Handlungen abgebildet ist, ohne seine erforderliche Einwilligung zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zur Schau zu stellen und/oder öffentlich zur Schau stellen zu lassen, wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben;
(Bilder entfernt)
2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 4.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2021 zu zahlen.
3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 45,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2021 zu zahlen.
4. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger eine Geldentschädigung in Höhe von 2.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2021 zu zahlen.
5. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die hinsichtlich der streitgegenständlichen Lichtbilder und Videos erzielten Umsätze in Euro und Anzahl der Downloads.
6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren Schaden für die Nutzung des streitgegenständlichen Videomaterials im Zeitraum zwischen dem 10.02.2021 und dem 30.03.2021 zu ersetzen.
7. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, den Kläger von den Kosten außergerichtlicher Rechtsvertretung durch Zahlung von 973,66 EUR an die Rechtsanwälte ameleo Law, Scheibenstraße 47, 40479 Düsseldorf freizustellen.
8. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, den Kläger von den weiteren Kosten außergerichtlicher Rechtsvertretung durch Zahlung von 973,66 EUR an die Rechtsanwälte ameleo Law, Scheibenstraße 47, 40479 Düsseldorf freizustellen.
9. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
10. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers haben der Kläger und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) haben der Kläger zu 25 % und die Beklagte zu 1) zu 75 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) hat der Kläger zu tragen.
Im Übrigen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
11. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000 EUR. Dabei entfallen auf die Vollstreckung des Tenors zu 1. 11.000 EUR, auf die Vollstreckung des Tenors zu 5. 100 EUR und auf die Vollstreckung im Übrigen 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten zu 1) abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Für den Beklagten zu 2) ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von den Beklagten Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wegen der Veröffentlichung von Bild- und Videomaterial, welches ihn nackt und bei sexuellen Handlungen zeigt.
Die Parteien sind in der lokalen Swinger-Szene aktiv. Sie praktizieren einvernehmlich sexuelle Handlungen mit wechselnden Geschlechtspartnern.
Zwischen den Parteien und dem als Zeugen benannten Herrn (Name entfernt) kam es am Abend des 10.02.2021 zu einem Treffen in der Wohnung des Klägers. Dort führten der Kläger, die Beklagte zu 1) und (Name entfernt) sexuelle Handlungen aus, wovon der Beklagte zu 2), der Lebensgefährte der Beklagten zu 1), Video- und Lichtbildaufnahmen fertigte.
Im Vorfeld des Treffens war es zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) zum Austausch von mehreren Nachrichten im Rahmen eines Chats gekommen. Dabei erklärte sich der Kläger damit einverstanden, dass Bild- und Videoaufnahmen von den sexuellen Handlungen gemacht werden, sofern sich die Aufnahmen – soweit sie den Kläger und (Name entfernt) betreffen – ausschließlich auf Ansichten des Bauchs und der Geschlechtsteile beschränken und möglichst auch den Rücken und Hinterkopf des Klägers ausnehmen sollten (vgl. Seite 7 der Anlage K 1: Kläger: „keine Gesichter nur Bauch und Schwänze“. „auch ohne Hinterkopf“ …“Weil ich im oberen Rücken ein Tattoo habe“, woraufhin die Beklagte zu 1) antwortete: „Ok dann kann es aber sein, dass mal dein Rücken drauf ist“, worauf der Kläger entgegnete: „Wird schon passen“).
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt wurden jedenfalls durch die Beklagte zu 1) Bild- und Videoaufnahmen von dem Treffen der Parteien am 10.02.2021 im Internet auf Plattform „(Name entfernt)“ unter deren Account „(Name entfernt)“ veröffentlicht. Bei der Plattform „(Name entfernt)“ handelt es sich um eine kommerzielle Dating-App im Erotikbereich. Auf der Plattform können angemeldete Personen Bild- und Videomaterial – auch kostenpflichtig – zum Download bereitstellen. Die Beklagte zu 1) verfügte dort über ein eigenes Profil als „Creator“, auf dem sie Bild- und Videomaterial zum kostenpflichtigen Download hochlud. Die kostenpflichtigen Inhalte (Bilderserien oder Videos) sind hierbei zunächst nur als verschwommene Vorschaubilder zu sehen. Durch Einlösen so genannter „Coins“, die für Geld bei der Plattform erworben werden können, können angemeldete Nutzer die jeweiligen Inhalte für sich freischalten und herunterladen. Da die Bilder und Videos auf dem Profil der Beklagten zu 1) chronologisch eingestellt wurden, waren die Beiträge mit Inhalten von dem streitgegenständlichen Treffen hintereinander zu finden.
Mit dem Download des streitgegenständlichen Videomaterials auf „(Name entfernt)“ erzielte die Beklagte zu 1) mindestens 648,00 EUR. In welchem Umfang die Beklagte zu 1) die Bild- und Video-Aufnahmen aus dem Treffen mit dem Kläger und seinem Bekannten darüber hinaus kommerziell verwertet und damit Einnahmen generiert hat, ist streitig.
Am 24.02.2021 teilte der Kläger der Beklagten zu 1) in dem zwischen ihnen nach dem Treffen fortgeführten Chat mit, dass „ein Kollege“ ihm einen Screenshot einer Internetseite geschickt habe, wonach Videos von dem Treffen veröffentlicht worden seien (vgl. Anlage K 1). Ferner forderte er die Beklagte zu 1) per Chat-Nachricht auf, das Bildmaterial sofort zu löschen. Die Beklagte zu 1), die mitteilte, sie habe die Videos selbst noch nicht gesehen, im Übrigen hätte sie sie auch nicht von dem Beklagten zu 2) hochladen lassen, weil der Kläger und (Name entfernt) dies ja auch so gesagt hätten, sagte zu, sich um die Löschung zu kümmern und dem Beklagten zu 2) bzw. dem Support Bescheid zu geben, da sie angab, selbst nicht zu wissen, wie man das hochgeladene Bildmaterial aus dem Account lösche (vgl. Anlage K 1).
Der Kläger mahnte die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 23.03.2021 (Anlage K 4) ab und forderte diese zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, zur Auskunft und zur Erstattung der Abmahnkosten auf. Das Abmahnschreiben ließ er per Gerichtsvollzieher zustellen, wofür Kosten in Höhe von 45,25 EUR anfielen. Ferner erstattete er bei der Polizei Strafanzeige.
Die Beklagte zu 1) gab unter dem 30.03.2021 die als Anlage K 5 vorgelegte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, die sie dem Kläger per E-Mail übersandte. Darin verpflichtete sie sich, es künftig bei Meidung einer für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung vom Unterlassungsgläubiger festzusetzenden angemessenen, im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfenden Vertragsstrafe (1.) zu unterlassen, Lichtbilder und/oder Videos, auf denen der Unterlassungsgläubiger nackt und/oder bei der Vornahme sexueller Handlungen abgebildet ist, ohne die Zustimmung des Unterlassungsgläubigers zu verbreiten bzw. öffentlich zugänglich zu machen sowie (2.) umfassend und vollständig Auskunft über die die Nutzung von Bild- und Videomaterials, auf dem der Unterlassungsgläubiger nackt und/oder bei der Vornahme sexueller Handlungen abgebildet ist, zu erteilen. In einem handschriftlichen Zusatz der Beklagten zu 1) auf der vorformulierten Erklärung sowie der beigefügten E-Mail teilte die Beklagte zu 1) mit, der Beklagte zu 2) sei niemals im Besitz von Bildmaterial gewesen. Er habe lediglich nach Absprache mit ihrem Handy gefilmt und ihr dieses auch direkt übergeben. Der Beklagte zu 2) reagierte nicht auf das Abmahnschreiben.
Nachdem das Original der strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten zu 1) bei ihm eingegangen war, entdeckte der Kläger, dass Teile des beanstandeten Bildmaterials (Anlage K 6) weiter auf dem Profil der Beklagten zu 1) auf der Plattform „(Name entfernt)“ (kostenpflichtig) abrufbar waren. Mit anwaltlichem E-Mail-Schreiben vom 26.04.2021 (Anlage K 7) forderte der Kläger die Beklagte zu 1) auf, das verbliebene Bildmaterial unverzüglich zu löschen. Ferner teilte er mit, dass aufgrund dieses Verstoßes eine Vertragsstrafe von 10.000,00 € verwirkt sei.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.05.2021 (Anlage K 8) wiesen die Beklagten die Forderungen des Klägers zurück.
Daraufhin machte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 26.05.2021 (Anlage K 9) vorsorglich wegen des Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung Unterlassung gegenüber der Beklagten zu 1) geltend und setzte für die erneute Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Vorlage ausreichender Belege für die erteilte Auskunft eine letzte Frist bis zum 02.06.2021. Hierauf reagierte die Beklagte zu 1) nicht.
Der Kläger ist der Ansicht, dass bereits die Anfertigung dieser Aufnahmen nicht von der von ihm erklärten Einwilligung erfasst gewesen sei, da diese sich nicht nur – wie vereinbart – auf Bauch und Genitalien beschränkten, sondern großenteils auch Details zeigten, die den Kläger erkennbar machten (z.B. sein Gesicht, seine auffällige Tätowierung, seine auffällige Armbanduhr, Details aus seiner Wohnung, wie z.B. markante Einrichtungsgegenstände). Unabhängig davon sei den Beklagten jedenfalls die Veröffentlichung des intimen Bildmaterials und erst recht nicht dessen kommerzielle Verwertung gestattet worden. Auch auf Bildern und Videos, auf denen er nicht unmittelbar erkennbar sei, könne er identifiziert werden, da sich diese in einer Reihe von Bildern und Videos befunden hätten, die für den Betrachter erkennbar dasselbe Treffen zeigten. Insoweit sei es irrelevant, ob das Gesicht, Tätowierungen sowie persönliche Gegenstände des Klägers auf allen Bildern bzw. Videos oder nur auf einem Teil davon zu sehen seien. Er sei von den Beklagten auch zu keinem Zeitpunkt darüber informiert worden, dass die Beklagten beabsichtigten, die Fotos, die ihn beim Sex zeigten, zu veröffentlichen oder gar zu verkaufen. Auf die Frage der Wiedererkennbarkeit der Person komme es im Zusammenhang mit der Veröffentlichung nicht an, da es sich um Nacktaufnahmen handele. Im Übrigen habe er seine Einwilligung zur bloßen Anfertigung von Bildaufnahmen in seiner Abmahnung vom 23.03.2021 (Anlage K 4) später wirksam widerrufen (75). Für die über mehrere Wochen andauernde Abrufbarkeit sei die Beklagte zu 1) verantwortlich. Sie habe auch keine geeigneten oder ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um die Abrufbarkeit des expliziten Bild- und Videomaterials zu unterbinden, weshalb auch die geltend gemachte Vertragsstrafe verwirkt sei. Die Höhe der geltend gemachten Vertragsstrafe sei mit 10.000,00 € angesichts der Umstände des vorliegenden Falls noch äußerst zurückhaltend angesetzt. Darüber hinaus stehe ihm, dem Kläger, Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens in Form einer Geldentschädigung in Höhe von mindestens 2.000,00 € zu. Die entsprechende Verpflichtung zur Unterlassung und zum Schadensersatz ergebe sich für den Beklagten zu 2) daraus, dass er das sensible Bildmaterial, anders als vereinbart, so aufgenommen habe, dass er zu erkennen sei, und dass er, wie von der Beklagten zu 1) in der Chat-Korrespondenz mehrfach bekräftigt, das Bildmaterial selbst auf der Plattform zum kostenpflichtigen Abruf eingestellt habe (104). Soweit die Beklagte zu 1) nunmehr behaupte, sie habe das Bildmaterial selbst hochgeladen und der Beklagte zu 2) nicht im Besitz des Bildmaterials gewesen sei, handele es sich um eine Schutzbehauptung.
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, Lichtbilder und/oder Videos, auf denen der Kläger nackt und/oder bei der Vornahme sexueller Handlungen abgebildet ist, ohne seine erforderliche Einwilligung zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zur Schau zu stellen und/oder öffentlich zur Schau stellen zu lassen, wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben;
(Bilder entfernt)
2. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, Lichtbilder und/oder Videos, auf denen er nackt und/oder bei der Vornahme sexueller Handlungen abgebildet ist, ohne seine erforderliche Einwilligung zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zur Schau zu stellen und/oder öffentlich zur Schau stellen zu lassen, wenn dies geschieht wie aus der Anlage K3 ersichtlich;
3. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 45,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
5. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Geldentschädigung in einer Größenordnung von mindestens 2.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, und zwar wegen der ungenehmigten Veröffentlichung gemäß den streitgegenständlichen Videos, welches den Kläger nackt und bei der Ausführung sexueller Handlungen zeigt.
6. die Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die hinsichtlich der streitgegenständlichen Lichtbilder und Videos erzielten Umsätze in Euro und Anzahl der Downloads;
7. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, an ihn Schadensersatz zu leisten für die Nutzung des streitgegenständlichen Bild- und Videomaterials im Zeitraum zwischen dem 10.02.2021 und dem 30.03.2021;
8. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von den Kosten außergerichtlicher Rechtsvertretung durch Zahlung von 973,66 € an die Rechtsanwälte ameleo Law, Scheibenstraße 47, 40479 Düsseldorf nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen;
9. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihn von den Kosten außergerichtlicher Rechtsvertretung durch Zahlung von 1.214,99 € an die Rechtsanwälte ameleo Law, Scheibenstraße 47, 40479 Düsseldorf nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, dass ihnen der Kläger vor der Fertigung der Bild- und Tonaufnahmen sein Einverständnis auch mit der Veröffentlichung erklärt habe. Es liege eine ausdrückliche Gestattung vor, Bild- und Tonaufnahmen von den sexuellen Handlungen zu fertigen. Der Kläger, der in der Swinger-Szene aktiv sei, kenne die Gepflogenheiten zu Aufnahmen von sexuellen Handlungen. Er habe angesichts des vorgelegten Chat-Protokolls und der in diesem Zusammenhang von der Beklagten zu 1) versandten Videos damit rechnen müssen, dass entsprechend Bild- und Tonaufnahmen auch im Internet veröffentlicht würden. Dies sei – wie dem Kläger bekannt gewesen – gerade Sinn und Zweck der Treffen gewesen. Allein durch die Vornahme der sexuellen Handlungen liege sodann jedenfalls die konkludente Einwilligung in die Veröffentlichung der Videoaufnahmen vor. Entgegen der Auffassung des Klägers sei seine Person nicht eindeutig erkennbar. Angesichts der vorab erteilten generellen Zustimmung zur Fertigung der Nacktaufnahmen sei vorliegend auf das Kriterium der Erkennbarkeit der Person abzustellen
Die Vertragsstrafe sei durch die Beklagten zu 1) nicht verwirkt. Die Vereinbarung entfalte keine rechtliche Wirkung, weil sie zu unbestimmt sei. Da ein eindeutiger Hinweis auf § 315 BGB fehle, sei der konkrete Vertragsgegenstand für die Beklagte zu 1) nicht erkennbar gewesen. Ferner habe es bei der Löschung des Bildmaterials der Mitwirkung der Plattform bedurft hätte, welche nicht erfolgt sei. Zudem sei auch die angesetzte Höhe der Vertragsstrafe unangemessen und entspreche nicht der Billigkeit. Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, dass der Kläger Interesse an der Vornahme sexueller Handlungen mit der Beklagten zu 1) gehabt habe und dies nach dem in Rede stehenden Treffen auch weiterhin der Fall gewesen sei. Auch die geforderte Geldentschädigung sei übersetzt. Die Beklagten bestreiten in diesem Zusammenhang, dass der Kläger außerhalb der Swinger-Szene mit seinen sexuellen Vorlieben vorsichtig umgehe. Da er offensichtlich sehr „offensiv“ in der Szene unterwegs sei, erscheine die von ihm vorgenommene Abgrenzung zwischen Swinger-Szene und sonstigem Leben wenig glaubhaft. Das Bildmaterial werde von dritter Seite nicht mehr genutzt. Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten stünden ihm ebenfalls nicht zu. Der Schadenersatzfeststellungsantrag stehe dem Kläger überdies bereits deshalb nicht zu, weil es am Feststellungsinteresse fehle. Dementsprechend sei auch der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch nicht gegeben. Die Beklagten bestreiten, dass die Rechtsanwaltsgebühren überhaupt in Rechnung gestellt worden seien. Schließlich seien auch die für die Zustellung des Abmahnschreibens angefallenen Kosten nicht erstattungsfähig. Die Zustellung des Abmahnschreibens per Gerichtsvollzieher sei nicht erforderlich gewesen.
Die Klage ist den Beklagten am 11.10.2021 zugestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle vom 21.12.2022 und 24.04.2024 sowie die nachfolgenden Entscheidungsgründe, soweit diese Feststellungen enthalten, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig (hierzu unter I.). Sie ist auch überwiegend begründet, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1) richtet (hierzu unter II.)). Soweit sie sich gegen den Beklagten zu 2) richtet, ist sie indes unbegründet (hierzu unter III.)).
I.)
Die Klage ist zulässig.
Insbesondere besteht für den Klageantrag zu 7. das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Antrag ist bei verständiger Würdigung dahingehend auszulegen, dass der Kläger eine Feststellung des Inhalts begehrt, dass die Beklagten verpflichtet sind, Ersatz für alle weiteren Schäden zu leisten, welche durch die Nutzung des streitgegenständlichen Bild- und Videomaterials entstanden sind und noch nicht Gegenstand der Leistungsanträge in dem hiesigen Rechtsstreit sind. Das Feststellungsinteresse folgt insoweit aus der durch die Feststellung eintretenden Hemmung der Verjährungsfrist.
Der Kläger ist auch gehindert, sämtliche möglichen Schadensersatzansprüche bereits zum jetzigen Zeitpunkt im Wege der Leistungsklage zu verfolgen, da er zur Bezifferung derselben zunächst der mit dem Klageantrag zu 6. geltend gemachten Auskunft der Beklagten bedarf.
II.)
Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1) richtet dem Grunde nach vollumfänglich begründet und lediglich der Höhe nach teilweise unbegründet.
Im Einzelnen:
1.)
Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Verbreitung und öffentlichen Zurschaustellung von der auch noch nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung auf „(Name entfernt)“ auffindbaren Bilder und Videodateien, wie im Tenor aufgeführt. Der Anspruch folgt jedenfalls aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
Es steht fest, dass sich auch noch nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung seitens der Beklagten zu 1) am 30.03.2021 jedenfalls die durch Screenshots im Tenor wiedergegebenen Bilder und Videos (vergleiche auch Seite 2 bis 7 des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 06.06.2023, Bl. 256-261 d. A., sowie Anlagen K 6 und K 15) auf dem Profil der Beklagten zu 1) befanden. Dies ist jedenfalls aufgrund der Videos in den Anlagen K 14 und K 15 dokumentiert, welche das streitgegenständliche Material im Zusammenhang mit Tageszeitungen vom 15. bzw. 16.04.2021 – also nach Abgabe der Unterlassungserklärung – auf „(Name entfernt)“ zeigen. Die Beklagten sind dem nicht mehr entgegen getreten.
Das weitere Vorhandensein des Bildmaterials auf dieser Plattform stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG dar.
Dieser Eingriff war rechtswidrig.
Insofern ist zunächst bedeutsam, dass er auf der Ebene der Intimsphäre des Klägers, also betreffend den Kernbereich seiner höchstpersönlichen Lebensgestaltung erfolgte. Die Intimsphäre ist absolut geschützt, weshalb die Rechtmäßigkeit des Eingriffs einer Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zugänglich ist. In dem streitgegenständlichen Video- und Bildmaterial ist der Kläger nackt und bei Vornahme diverser sexueller Handlungen zu sehen, wodurch dieses ohne weiteres in seine Intimsphäre fällt (vgl. BGH NJW 2021, 1222).
Darüber hinaus war der Eingriff nicht unter dem Gesichtspunkt einer Einwilligung des Klägers gerechtfertigt. Für das Vorliegen einer solchen sind die Beklagten nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet. Sie haben die Einwilligung nicht hinreichend darzulegen und erst recht nicht zu beweisen vermocht. Unstreitig ist lediglich, dass der Kläger mit der Anfertigung der Videoaufnahmen einverstanden war, dies jedoch auch nur mit der Maßgabe, dass sein Gesicht und möglichst auch weitere prägnante Körperstellen, wie sein Rücken mit der auffälligen Tätowierung nicht erkennbar sein sollten. Aus der Einwilligung in die Anfertigung der Aufnahmen folgt jedoch keine Einwilligung in eine Veröffentlichung derselben im Internet. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass dem Kläger nach dem Vortrag der Beklagten bekannt war, dass die Beklagte zu 1) auf der Plattform „(Name entfernt)“ ein Profil unterhält. Soweit die Beklagten darüber hinaus auf die „Gepflogenheiten in der Swinger-Szene“ abstellen, legen sie jedenfalls nicht konkret dar, worin diese Gepflogenheiten im Einzelnen bestehen und dass zu diesen insbesondere gehört, dass von Treffen der Beteiligten angefertigte Bilder und Videos im Internet veröffentlicht werden. Schließlich kommt es nicht auf eine mögliche Äußerung des (Name entfernt) hinsichtlich der Veröffentlichung der Aufnahmen an, da diese eine Einwilligung des Klägers selbst nicht zu ersetzen vermögen.
Die Beklagte zu 1) ist als Inhaberin des Profils, auf dem sich das Bildmaterial befand, jedenfalls als Zustandsstörerin im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB passiv legitimiert.
Die erforderliche Wiederholungsgefahr ist durch die erstmalige Verletzungshandlung seitens der Beklagten zu 1) indiziert und wurde auch nicht durch die abgegebene Unterlassungserklärung ausgeräumt. Denn die Beklagte hat gegen diese Unterlassungsverpflichtung gerade verstoßen. Unstreitig waren auch nach dem 30.03.2021, dem Datum der Abgabe der Erklärung, noch mindestens 13 Lichtbilder und ein Video von dem Treffen der Parteien auf dem Profil der Beklagten zu 1) bei „(Name entfernt)“ abrufbar. Hierbei handelt es sich um kerngleiche Verletzungshandlungen zu denen, die zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung geführt haben.
2.)
Weiter steht dem Kläger gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 30.03.2021 zu.
Die vereinbarte Vertragsstrafe ist im Sinne des § 339 S. 2 BGB verwirkt. Die Beklagte zu 1) hat gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen, da auch nach dem 30.03.2021 noch mindestens 13 Lichtbilder und ein Video (vergleiche Seite 2 bis 7 des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 06.06.2023, Bl. 256-261 d. A., sowie Anlagen K 6 und K 15) in ihrem Profil bei „(Name entfernt)“ abrufbar waren. Wie ausgeführt, handelt es sich jedenfalls um kerngleiche Verletzungshandlungen zu jenen, die Gegenstand der Unterlassungsverpflichtungserklärung waren.
Das von der Beklagten abgegebene Vertragsstrafenversprechen war wirksam; eines Hinweises auf § 315 BGB bedurfte es nicht. Die Verpflichtung zur Unterlassung (vergleiche Anlage K5, Bl. 54 Anlagenband KV) in Ziffer 1 der Erklärung ist hinreichend klar umrissen, sodass die Beklagte zu 1) den Umfang ihrer Unterlassungsverpflichtung erkennen konnte. Ferner war eindeutig angegeben, dass für einzelnen Fall der Zuwiderhandlung durch den Unterlassungsgläubiger, also den Kläger, eine Vertragsstrafe festgesetzt werden könne.
Die Beklagte zu 1) handelte im Hinblick auf den Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung schuldhaft im Sinne von § 276 BGB. Hinsichtlich der weiteren Zurschaustellung des Bild- und Videomaterials auf der Plattform „(Name entfernt)“ fällt ihr zumindest Fahrlässigkeit zur Last. Insoweit mag es zutreffen, dass sie sich, wie von ihr vorgetragen, um die Löschung der Bilder und Videos bemüht hat, wobei zur Löschung die Mitwirkung des Plattformbetreibers erforderlich war. Indes hatte die Beklagte zu 1) als Inhaberin des Profils fortlaufend Einblick darin, welches Material online abrufbar ist. Es hätte ihr folglich auffallen müssen, dass Bilder und Videos, welche Gegenstand ihrer Unterlassungsverpflichtung sind, weiterhin dort zur Schau gestellt werden. Vor diesem Hintergrund war sie gehalten, auf den Plattformbetreiber einzuwirken und nötigenfalls rechtliche Schritte gegen diesen einzuleiten, um zu erreichen, dass die streitgegenständlichen Videos und Bilder gelöscht werden. Dass sie derartige Bemühungen entfaltet hat, trägt die Beklagte zu 1) bereits nicht vor.
Die Vertragsstrafe ist jedoch nur in Höhe von 4.000 EUR und nicht, wie vom Kläger beansprucht, 10.000 EUR verwirkt.
Die Höhe der von Unterlassungsgläubiger beanspruchten Vertragsstrafe ist gemäß § 343 BGB gerichtlich überprüfbar, wobei bei Beurteilung der Billigkeit der Vertragsstrafe alle Umstände des Einzelfalls mit einzubeziehen sind. Hierzu zählt insbesondere das Interesse des Gläubigers sowie das Ausmaß der Vertragsverletzung (vgl. Gottwald in MüKoBGB, 9. Aufl. 2022, BGB § 343 Rn. 19).
Dies zugrundegelegt, gilt für die Höhe der Vertragsstrafe folgendes:
Unstreitig waren auch nach dem 30.03.2021 noch mehrere Bilder und ein Video im Profil der Beklagten zu 1) abrufbar. Wie bereits oben ausgeführt, war hierdurch die Intimsphäre des Klägers betroffen, da er nackt und bei sexuellen Handlungen zu sehen ist. Andererseits war die Erkennbarkeit des Klägers auf dem noch verbliebenen Material eingeschränkt. Insoweit war er lediglich auf einem Lichtbild (vergleiche Bl. 260 der Akte) mit dem unteren Teil seines Gesichts sowie seiner Tätowierung teilweise erkennbar sowie in dem Video (Anlage K 15) mit seiner Tätowierung sowie seiner Armbanduhr. Aufgrund dieser wenigen identifizierenden Merkmale liegt es fern, dass er aufgrund des noch vorhandenen Materials von Personen abseits seines engsten Bekanntenkreises identifiziert werden könnte. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, wie gut der Kläger auf den ursprünglichen, d. h. vor Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung durch die Beklagte zu 1) hochgeladenen Videos und Bildern erkennbar ist (hierzu näher sogleich unter 3.)). Darüber hinaus ist nicht feststellbar, wie häufig die verbliebenen Bilder und Videos nach dem 30.03.2021 im Profil der Beklagten zu 1) abgerufen wurden. Hinzu kommt, dass es sich um den erstmaligen Verstoß der Beklagten handelt und Vorsatz bzw. Absicht im Hinblick auf die Verletzung der Unterlassungspflicht nicht festgestellt werden kann. Wie ausgeführt, fällt der Beklagten insoweit lediglich Fahrlässigkeit dahingehend zur Last, dass sie nicht überprüft hat, ob alle Bilder und Videos aus ihrem Profil entfernt wurden und diesbezüglich nicht hinreichend auf den Betreiber der Plattform eingewirkt hat.
Für die Höhe der Vertragsstrafe irrelevant ist es entgegen der Auffassung der Beklagten, dass der Kläger bei Anfertigung der streitgegenständlichen Aufnahmen ein Interesse an sexuellen Handlungen mit der Beklagten zu 1) hatte.
Unter Berücksichtigung aller vorgenannten Umstände erscheint eine Vertragsstrafe von 4.000 EUR angemessen. Eine darüber hinaus gehende Höhe der Strafe wäre angesichts der verhältnismäßig geringen Erkennbarkeit des Klägers und der erstmaligen und lediglich fahrlässigen Verletzungshandlung der Beklagten unbillig.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
3.)
Ferner hat der Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Geldentschädigung in Höhe von 2.000 EUR aus §§ 253 Abs. 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
Wie oben ausgeführt stellte die unerlaubte Veröffentlichung des streitgegenständlichen Bild- und Videomaterials, welches den Kläger nackt und bei sexuellen Handlungen zeigt, einen rechtswidrigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht dar.
Nach ständiger Rechtsprechung (siehe beispielhaft BGH Urt. v. 24.05.2016 – VI ZR 496/15 – juris mwN) begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts – entgegen des Wortlautes des § 253 Abs. 2 BGB – einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist auch ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen; der Titel und die mit ihm verbundenen Vollstreckungsmöglichkeiten können den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen (vgl. BGH, Urt. v. 15.09.2015 – VI ZR 175/14, Rn. 38 mwN). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung findet ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (vgl. BGH, Urt. v. 15.09.2015 – VI ZR 175/14, Rn. 38 mwN). Auch der Verbreitungsgrad der Äußerung kann in die Abwägung einbezogen werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 02.04.2017 – 1 BvR 2194/15).
Gemessen an diesen Maßstäben, besteht ein Anspruch des Klägers auf Geldentschädigung.
In die Abwägung war hierbei sämtliches Bild- und Videomaterial einzustellen, welches durch die Beklagte zu 1) auf die Plattform „(Name entfernt)“ hochgeladen wurde, d. h. sowohl vor, als auch nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung.
Insoweit war zunächst bedeutsam, dass die Intimsphäre des Klägers durch das Material betroffen war, was den grundsätzlich schwerstmöglichen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht bedeutete. Es steht fest, dass der Kläger auf den ursprünglich nach dem 10.02.2021 hochgeladenen Videos zumindest teilweise erkennbar war. Der Kläger hat zu seiner Erkennbarkeit detailliert und unter Angabe Screenshots sowie der jeweiligen Abspielzeiten der Videos vorgetragen, wo welches Detail erkennbar ist (Schriftsatz vom 06.06.2023, Bl. 264-274 d.A.). Hinsichtlich eines Videos haben die Beklagten die Erkennbarkeit unstreitig gestellt (vgl. S. 2 des Schriftsatzes vom 11.07.2023, Bl. 288 d.A.). Soweit sie darüber hinaus die Erkennbarkeit des Klägers pauschal bestritten haben, ist bereits zweifelhaft, ob dieses Bestreiten hinreichend ist. Denn die Beklagten kennen die Videos aus eigener Anschauung; sie haben sie entweder selbst angefertigt bzw. selbst auf das Portal „(Name entfernt)“ hochgeladen. Daher wären sie gehalten gewesen, jedenfalls näher darzulegen, warum der Kläger nicht erkennbar sein sollte. Dessen ungeachtet, hat aber die Überprüfung der Videos 1 bis 11 des Anlagenbandes Videodateien anhand des klägerischen Vortrags auf Bl. 264 ff d.A. seitens der Kammer ergeben, dass jedenfalls in den Videos 1, 2, 3, 6 und 9 des Anlagenbandes Videodateien das Gesicht des Klägers für wenige Sekunden erkennbar ist; im Video 5 zumindest der untere Teil des Gesichts. Hinzu kommt, dass unstreitig die Videos im Profil der Beklagten zu 1) auf „(Name entfernt)“ chronologisch hintereinander angeordnet waren, sodass für den Betrachter offenbar wurde, dass die Videos bei derselben Gelegenheit aufgenommen wurden. Sofern also der Kläger auf einem der Videos identifizierbar ist, kann der durchschnittliche Betrachter auch seine Mitwirkung in den anderen Videos schließen.
Die entsprechenden Videos wurden, wie aus der Anlage K2 (Bl. 22 f. im Anlagenband KV) ersichtlich ist, jeweils mehrere Dutzend Male, im Einzelfall sogar über zweihundert Mal angesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der Eingriff in die klägerische Intimsphäre auch nicht dadurch relativiert, dass der Kläger in der Swinger-Szene angeblich „offensiv“ agiere. Die Beklagten tragen insoweit jedenfalls nicht vor, dass der Kläger sich auch im Internet bei sexuellen Handlungen zeigt. Bei einer Veröffentlichung im Internet kommt hinzu, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das entsprechende Material trotz einer Löschung bereits weiterverbreitet und weiterhin anderorts abrufbar ist. Insoweit war jedoch auch zu sehen, dass das streitgegenständliche Bild- und Videomaterial nur für angemeldete und zahlende Nutzer der Plattform „(Name entfernt)“ abrufbar war, was den Verbreitungsgrad einschränkte.
Das Verschulden der Beklagten zu 1) ist im Hinblick auf die erstmalige Veröffentlichung ferner als hoch zu bewerten, da ihr jedenfalls insoweit ohne Einwilligung des Klägers Vorsatz zur Last fällt. Hinzu kommt, dass auch nach Abgabe der Unterlassungserklärung seitens der Beklagten zu 1) weiterhin immerhin 13 Lichtbilder und ein Video auf „(Name entfernt)“ abrufbar waren. Ferner hat die Beklagte das entsprechende Material kommerzialisiert und Einnahmen hiermit erzielt.
Schließlich kann der Eingriff in die Intimsphäre des Klägers nicht in anderer Weise als durch eine Geldentschädigung befriedigend ausgeglichen werden. Bei Eingriffen in die Privat- oder Intimsphäre besteht eine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit in der Regel nicht. Denn die Verletzung der Intimsphäre ist nach ihrer Eröffnung unwiederbringlich (vgl. OLG Köln, Urteil vom 25. Februar 2014 – 15 U 101/13 –, juris). Dem kann im Falle einer Veröffentlichung eines Videos nicht durch Berichtigung, Widerruf oder Gegendarstellung begegnet werden. Im vorliegenden Falle hatte der Beklagte nicht einmal eine Unterlassungserklärung im Hinblick auf zukünftige Verletzungshandlungen abgegeben – wenngleich dieser auch nur eine geringe Genugtuungsfunktion im Hinblick auf die von dem Kläger erlittene Einbuße zukäme (vgl. OLG Köln, a.a.O.).
Andererseits war zu sehen, dass es sich nicht um heimliche Aufnahmen handelte, sondern der Kläger mit der Anfertigung der Videos an sich unstreitig einverstanden war, wenn auch nur unter der Prämisse, dass sein Gesicht und seiner Tätowierung nicht erkennbar sein sollten. Ferner konnte trotz der grundsätzlichen Erkennbarkeit des Klägers nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Stellen, an denen er mit dem Gesicht zu sehen ist, in den Videos auf allenfalls wenige Sekunden beschränken und nach dem Gesamteindruck der Videos der Fokus des Betrachters auf die Beklagte zu 1) gelenkt wird, während der durchschnittliche Betrachter der Identifizierung der Person des Klägers vergleichsweise wenig Beachtung schenken dürfte. Aufgrund der relativ kurzen Einblendungen ist anzunehmen, dass der Kläger im Wesentlichen nur für Personen identifizierbar war, welche ihn ohnehin kennen. Dies gilt in besonderem Maße für die vom Kläger vorgetragene Identifizierbarkeit aufgrund der Einrichtungsgegenstände seiner Wohnung, die allenfalls Personen aus seinem näheren Umfeld bekannt sein dürften. Es ist nicht anzunehmen, dass der Kläger aufgrund der kurzen Einblendungen etwa von fremden Personen identifiziert werden kann.
Die Kammer hält eine Geldentschädigung in Höhe von 2.000 EUR für angemessen.
Bei Eingriffen in die absolut geschützte Intimsphäre durch das Anfertigen von Bild- bzw. Videoaufnahmen hängt die Höhe der Entschädigung von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Abzustellen ist insoweit insbesondere darauf, unter welchen Umständen und zu welchem Zweck die Bilder bzw. Videos gefertigt wurden, wie der Schädiger an die Bilder bzw. Videos gelangt ist, was auf diesen genau zu erkennen ist, ob die betreffende Person darauf zu erkennen ist bzw. ob Hinweise auf deren Identität gegeben sind, wer von den Bildern bzw. Videos Kenntnis erlangt hat, welche Folgen privater, beruflicher und/oder finanzieller Art die Aufnahmen hatten und aus welchen Motiven heraus (z.B. aus Rache nach einer beendeten Liebesbeziehung) sie erfolgten (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 14. Juni 2023 – 12 O 55/22 –, Rn. 32, juris).
Bei der Bemessung der Geldentschädigung hat die Kammer folglich die vorstehend aufgeführten Faktoren, welche bereits für die Feststellung eines Entschädigungsanspruchs des Klägers dem Grunde nach berücksichtigt wurden, erneut gegeneinander abgewogen. Zugleich hat die Kammer – dem Grundsatz folgend, dass für vergleichbare Beeinträchtigungen, unabhängig vom Haftungsgrund eine annähernd gleiche Geldentschädigung zu gewähren ist (Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 253, Rn. 15) – gerichtliche Entscheidungen in ähnlich gelagerten Fällen wie dem hiesigen mit einbezogen, namentlich LG Düsseldorf Urt. v. 16.11.2011, 12 O 438/11: 5.000,00 EUR für ein Nacktfoto eines Nacktmodells bei einer Malaktion; LG Kiel, Urt. v. 27.04.2006, Az. 4 O 251/05, NJW 2007, 1002: 25.000,00 EUR für drei Nacktfotos im Internet, die die Geschädigte zum Teil vollständig nackt zeigten, wobei zudem deren vollständiger Name und ihre Anschrift genannt wurde; LG Berlin, Urt. v. 07.10.2014, Az. 27 O 166/14: 15.000,00 EUR für die Veröffentlichung eines Privatpornos im Internet; AG Neukölln, Urt. v. 25.03.2021, Az. 8 C 212/20: 3.000,00 EUR für die Versendung eines Fotos und eines kürzeren Sexvideos über einen Messenger-Dienst an eine Verwandte der betroffenen Person nach dem Ende der Liebesbeziehung; OLG Hamm, Urt. v. 20.02.2017, Az.: 3 U 138/15, NJW-RR 2017, 1124: 7.000,00 EUR für ein Foto einer 16-Jährigen, das diese beim Oralverkehr zeigt und OLG Hamm, Urt. v. 03.03.1997, Az. 3 U 132/96, NJW-RR 1997, 1044: 20.000 DM für ungenehmigte Veröffentlichung von Aktfotos auf dem Titelblatt einer Zeitschrift). Insoweit konnte aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich der hiesige Fall von den vorgenannten dadurch abhebt, dass sich die Stellen in den Videos, auf den der Kläger zu identifizieren ist, auf einige Sekunden beschränken und das streitgegenständliche Material nur für angemeldete und zahlende Benutzer der Plattform sichtbar war, weshalb die dem Kläger zuzusprechende Geldentschädigung entsprechend geringer auszufallen hatte.
Der Zinsanspruch folgt erneut aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
4.)
Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1) auch einen Anspruch auf Zahlung der für die Zustellung der Abmahnung durch einen Gerichtsvollzieher angefallenen Kosten in Höhe von 42,25 EUR.
Die Kosten für die Zustellung der Abmahnung mittels Gerichtsvollzieher sind grundsätzlich als Kosten der Rechtsverfolgung von Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) aus §§ 823 Abs. 1, 249 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG mitumfasst (vgl. Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 249, Rn. 56 f.).
Es war auch im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB erforderlich, der Beklagten zu 1) die Abmahnung mittels Gerichtsvollzieher zuzustellen. Insoweit trifft es zu, dass die Zustellung eines Schreibens mittels eines Gerichtsvollziehers die einzige Möglichkeit ist, sicherzustellen und beweiskräftig zu dokumentieren, dass die Abmahnung mit ihrem tatsächlichen Inhalt die Beklagte zu 1) tatsächlich erreichte. Eine kostengünstigere Art der Zustellung (z.B. durch Einschreiben) ist nämlich zwar geeignet, Beweis darüber zu erbringen, dass die Zustellung einer bestimmten Sendung erfolgt ist; sie erbringt jedoch keinen Beweis über den Inhalt der Sendung, welchen der Empfänger bei dieser Zustellungsart bestreiten könnte. Die Zustellung mittels Gerichtsvollzieher beweist demgegenüber nicht nur den Umstand der Zustellung an sich, sondern auch den Inhalt der zugestellten Sendung.
Der Zinsanspruch folgt auch hier aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
5.)
Weiter steht dem Kläger gegen die Beklagte zu 1) der mit dem Klageantrag zu 6. geltend gemachte Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung hinsichtlich der mit dem streitgegenständlichen Video- und Bildmaterial erzielten Umsätze zu. Der Anspruch beruht auf §§ 242, 259 Abs. 1 BGB.
Der Kläger bedarf der begehrten Auskunft darüber, wie häufig das streitgegenständliche Material angesehen wurde und wie viel Geld die Beklagte zu 1), die dieses auf der Plattform „(Name entfernt)“ kommerziell verwertet, hiermit erzielt hat, um einen etwaigen weiteren Schadensersatzanspruch – etwa in Form von immateriellem oder lizenzanalogen Schadenersatz bzw. Gewinnherausgabe – beziffern zu können. Hinsichtlich der erforderlichen Informationen befindet sich der Klägerin unverschuldeter Unkenntnis, wohingegen die Beklagte zu 1) die Informationen aus eigener Anschauung unschwer erteilen kann. Denn die Anzahl der Downloads bzw. der Umfang der erzielten Einnahmen spielt sich auf ihrem Profil auf der Plattform und damit in ihrer unmittelbaren Wahrnehmungssphäre ab. Die Mitteilung der Beklagten, sie habe mit dem streitgegenständlichen Bildmaterial 648,00 EUR erzielt, stellt keine Erfüllung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs dar. Denn die Beklagte spezifiziert diese Auskunft nicht näher und schlüsselt die Einnahmen nicht näher nach z.B. Zeitraum und Anzahl der Aufrufe in ihrem Profil auf.
6.)
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) auf die mit dem Klageantrag zu 7. begehrte Feststellung, dass diese ihm gegenüber wegen der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Bild- und Videomaterials dem Grunde nach zum Ersatz auch eines weiteren, sich möglicherweise erst nach Erteilung der vorgenannten Auskunft und Rechnungslegung bezifferbaren Schadens verpflichtet ist. Wegen der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten dem Grunde nach wird auf die Ausführungen oben unter 3.) verwiesen.
Für den Eintritt eines kausalen Schadens bei dem Kläger besteht auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Dabei genügt es, wenn nach der Lebenserfahrung ein Schadenseintritt zumindest denkbar und möglich ist (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 1 [7]). Vorliegend erscheint es möglich, dass dem Kläger gegen die Beklagte zu 1) aufgrund der unerlaubten Veröffentlichung des streitgegenständlichen Bild- und Videomaterials weitere Ansprüche zustehen, welche er jedoch erst nach Erteilung der entsprechenden Auskunft (hierzu oben unter 5.)) beziffern kann.
7.)
Darüber hinaus hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 973,66 EUR, welche durch die erstmalige Abmahnung nach Veröffentlichung des streitgegenständlichen Materials angefallen sind.
Diese Kosten sind als Kosten der Rechtsverfolgung grundsätzlich vom Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG umfasst (vergleiche Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 249, Rn. 56 f.).
Es steht auch fest, dass die außergerichtlichen Kosten in der vorgenannten Höhe angefallen und der Kläger mit einem entsprechenden Vergütungsanspruch seiner Prozessbevollmächtigten belastet ist. Der Kläger hat zum Nachweis dessen als Anlage K 13 (dort Seite 2, Bl. 112 Anlagenband KV) die entsprechende Kostennote seiner Prozessbevollmächtigten vom 02.07.2021 vorgelegt, welche hinsichtlich des dort genannten Gegenstandes und des Leistungszeitraums (23.03.2021 bis 02.07.2021) mit der anwaltlichen Tätigkeit hinsichtlich der erstmaligen Veröffentlichung des Bildmaterials auf „(Name entfernt)“ übereinstimmt. Dem sind die Beklagten nicht mehr entgegengetreten.
Der Höhe nach sind die Rechtsverfolgungskosten nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der angesetzte Gegenstandswert von 10.000 EUR für das mit der erstmaligen Abmahnung verfolgte Unterlassungsbegehren angemessen.
Es besteht insoweit jedoch kein Anspruch des Klägers auf Rechtshängigkeitszinsen gemäß § 291 BGB. Denn bei einem Freistellungsanspruch, wie er hier geltend gemacht wird, handelt es sich nicht um eine Geldschuld im Sinne dieser Vorschrift (vergleiche OLG Stuttgart NJW-RR 2011, 239 [243]).
8.)
Aus dem gleichen rechtlichen Grunde steht dem Kläger gegen die Beklagte zu 1) schließlich ein Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu, welche für die erneute Tätigkeit seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten angefallen sind, nachdem die Beklagte zu 1) gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 30.03.2021 verstoßen hatte.
Auch insoweit hat der Kläger die Belastung mit der Kostenforderung dem Grunde nach durch Vorlage der zweiten Rechnung vom 02.07.2021 (Seite 1 der Anlage K 13, Bl. 111 Anlagenband KV) nachgewiesen, ohne dass die Beklagten dem nochmals entgegengetreten sind. Erneut stimmt der Abrechnungszeitraum 26.05.2021 bis 02.07.2021 mit der anwaltlichen Tätigkeit wegen der hier streitgegenständlichen Sache überein.
Der Höhe nach besteht ein Anspruch auf Freistellung jedoch ebenfalls nur über 973,66 EUR. Der in der Kostennote für diese zweite anwaltliche Tätigkeit angesetzte Gegenstandswert ist mit 18.000 EUR übersetzt. Der Gegenstandswert ist vorliegend nach dem Interesse des Klägers an der weiteren Unterlassung der Veröffentlichung des Bildmaterials durch die Beklagte zu 1) zu bestimmen, §§ 23 Abs. 1 RVG, 48 Abs. 2 S. 1 GKG. Es ist nicht ersichtlich, warum das klägerische Interesse sich im Vergleich zu dem erstmaligen Tätigwerden seiner Prozessbevollmächtigten nunmehr auf 18.000 und nicht mehr auf 10.000 EUR belaufen sollte. Das klägerische Interesse ist vielmehr vor und nach der Abgabe der Unterlassungserklärung in etwa gleich hoch anzusetzen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zu 1) nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung einen Großteil des ursprünglichen Bildmaterials von „(Name entfernt)“ entfernte.
Aufgrund des demnach anzusetzenden Gegenstandswertes von 10.000 EUR belaufen sich die Rechtsanwaltskosten unter Annahme einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer wiederum auf 973,66 EUR.
Ein Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen besteht aus den soeben unter 7.) dargelegten Gründen nicht.
II.)
Gegenüber dem Beklagten zu 2) stehen dem Kläger hingegen keinerlei Ansprüche zu, weshalb die gegen diese gerichtete Klage unbegründet ist.
Es fehlt insoweit bereits an einer Passivlegitimation des Beklagten zu 2). Denn es kann nicht festgestellt werden, dass dieser Täter oder Teilnehmer einer unerlaubten Handlung in Form einer rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG bzw. § 22 KUG) gegenüber dem Kläger ist, welche Ansprüche auf Unterlassung, Schadenersatz und Geldentschädigung gegen den Beklagten zu 2) rechtfertigen würde. Insbesondere steht nicht fest, dass der Beklagte zu 2) (neben der Beklagten zu 1)) daran beteiligt war die streitgegenständlichen Fotos bzw. Videos auf die Plattform „(Name entfernt)“ hoch zu laden.
Darlegungs- und beweisbelastet hierfür ist der Kläger. Aus dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien sowie aus der vorgelegten Korrespondenz zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) (Anlage K7, insbesondere Bl. 79 f. im Anlagenband KV) lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit auf eine Beteiligung des Beklagten zu 2) schließen.
Zwar stellt es ein gewisses Indiz für die (Mit-)Täterschaft des Beklagten zu 2) dar, dass die Beklagte zu 1) im Chat mit dem Kläger mitteilte, es sei der Beklagte zu 2) gewesen, welcher die Videos hochgeladen habe (insbesondere Bl. 11 im Anlagenband KV, Anlage K1; Beklagte zu 1): „Ich schicke das an (Name entfernt). […] Aber auch wenn er die reingesetzt hat macht euch keine Sorgen er hat die zu 100 % so geschnitten das man nichts sieht aber ich sage ihm das er die rausnimmt übrigens wusste ich nicht dass er die verwendet hat, ich hatte die nicht mal selber, gesehen und das ist eigentlich Pflicht.“; Rechtsschreib- und Zeichensetzungsfehler im Original). Darüber hinaus hat der Beklagte zu 2) das streitgegenständliche Videomaterial erstellt, was zumindest darauf hindeutet, dass er auch die Möglichkeit hatte, dieses in das Internet hoch zu laden.
Andererseits erscheint auch die von der Beklagten zu 1) in ihrer E-Mail vom 04.04.2021 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers (Anlage K7, Bl. 79 des Anlagenbands KV) abgegebene Einlassung plausibel, dass sie in der konkreten Situation im Chat, in der sie seitens des Klägers mit dem unerlaubten Hochladen der Videos konfrontiert wurde, als „Kurzschlussreaktion“ dem Kläger gegenüber den Beklagten zu 2) beschuldigt hat, damit der Kläger ihr nicht „böse“ sei und sie Zeit habe, die Videos zu löschen.
Für die alleinige Täterschaft der Beklagten zu 1) spricht neben ihrer eigenen Einlassung zudem, dass es ihr Account war, auf den das Bild- und Videomaterial hochgeladen wurde und die Beschreibungen zu den streitgegenständlichen Videos aus ihrer Sicht als einer der dort agierenden Personen verfasst wurden (z.B. Anlage K 22, Bl. 22 des Anlagenbandes KV: „Ich reite ihn“).
Weiteren Beweis hat der Kläger nicht angetreten.
IV.)
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf bis 35.000 EUR festgesetzt.