Besteht in der Warenklasse „alkoholische Getränke“ für die Marke „Freesecco“ eine Verwechslungsgefahr mit der älteren Marke „Spreesecco“? Diese Auffassung jedenfalls vertrat der Inhaber der letztgenannten Marke, eine bekannte deutsche Sektkellerei mit rotfarbigen Verschlusshauben. Sie legte gegen die Markenanmeldung „Freesecco“ eines durch unsere Kanzlei vertretenen Großhändlers von Weinen und Sekten vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) Widerspruch ein und forderte deren Löschung aus dem Register. Ohne Erfolg.
DPMA: Keine Verwechslungsgefahr
Bereits das DPMA wies den Widerspruch gegen die Markenanmeldung „Freesecco“ zurück. Maßgeblich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr seien vorliegend insbesondere die Wortbestandteile „Free“ und „Spree“. Denn bei dem in den zu vergleichenden Marken identischen Wortteil „Secco“ handele es sich in der Klasse für „alkoholische Getränke“ um eine nicht unterscheidungskräftige und freihaltebedürftige Bezeichnung für italienische Schaumweine. Auch wenn diesbezüglich eine Identität in den beiden Marken bestünde, müsse dieser Wortbestandteil daher in der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zurückstehen.
Bei einem Vergleich der beiden unterscheidungskräftigen Bestandteile halte das Wort „Free“ inhaltlich wie lautmalerisch einen ausreichenden Abstand zu dem Wort „Spree“ der Widerspruchsmarke. Das Wort „Spree“ beinhalte einen Hinweis auf den Fluss in der Berliner Landeshauptstadt, während das Wort „free“ aus dem englischen Grundwortschatz stamme und mit „frei“ zu übersetzen sei. Allein in der Wortbedeutung gebe es damit keine Übereinstimmung und keine Verwechslungsgefahr.
Beschwerde vor dem Bundespatentgericht
Die Widerspruchsführerin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Bundespatentgericht (BPatG) ein. Die vermeintliche Verwechslungsgefahr wurde dabei u.a. damit begründet, das Wort „secco“ entstamme nicht der englischen Sprache, so dass „nicht unbedingt davon auszugehen sei“, dass das vorangestellte Wort „free“ in der angegriffenen Marke in der englischen Form, also wie „i“ ausgesprochen werde. Vielmehr werde es in der deutschen Aussprache eher mit einem langen „e“ ausgesprochen. Daher sei der Gesamtbegriff „freesecco“ in letzter Konsequenz lautmalerisch nahezu identisch mit der Widerspruchsmarke „spreesecco“.
BPatG: Ausreichende Unterscheidung im Wortanfang
Dieser bemerkenswert anglophoben Auffassung erteilte das BPatG gleichwohl eine klare Absage (Beschluss vom 30.06.2015, 26 W (pat) 527/13). Das Gericht bestätigte, dass nur die englische Aussprache der angegriffenen Marke naheliegend sei. Das englische Wort „free“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen auch in der deutschen Sprache „ohne weiteres“ verstanden und mit „frei“ übersetzt. Worte wie „Free-TV“, „Freeclimbing“ und „Freestyle“ seien hier jedermann geläufig.
Entscheidend sei bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zudem, dass die Unterschiede der Marken in dem von den angesprochenen Verkehrskreisen regelmäßig mehr beachteten Wortanfang lägen. Bereits die Anfangsbuchstaben würden sich durch abweichende Konsonanten unterscheiden. In der Widerspruchsmarke käme zusätzlich in Form des „p“ ein weiterer sich unterscheidender Konsonant am Wortanfang vor.
Letztlich würde sich den Verkehrskreisen der Sinn der anfänglichen Wortbestandteile sofort ergeben, denn „die Spree“ als Hauptstadtfluss und „free“ als englisches Wort für „frei“ seien bekannt. Dies führe dazu, dass die klanglichen Unterschiede der Vergleichszeichen vom Hörer oder Leser wesentlich schneller und besser erfasst würden, so dass es „gar nicht zu Verwechslungen kommen könne“. Es können also auch zukünftig die Korken für „Freesecco“ knallen.
BPatG, Beschluss vom 30.06.2015, 26 W (pat) 527/13