AG München: unerwünschte Werbung darf auch nicht im Hausflur abgelegt werden

Unerwünschte Werbung: Ein Aufkleber mit „Bitte keine Werbung“ am Briefkasten soll vor lästigen Werbeprospekten schützen. Doch viele Zusteller legen die Prospekte dann statt in den Briefkasten einfach im Hausflur ab. Das AG München urteilte zu einem vergleichbaren Fall und gab der Unterlassungsklage eines genervten Wohnungseigentümers statt.

unerwünschte Werbung im Hausflur

Das AG München hat einem Umzugsunternehmen verboten, Werbematerial auf der Briefkastenanlage oder vor dem Hauseingang des von dem Kläger bewohnten Mehrfamilienhauses abzulegen. In dem fraglichen Haus waren alle Briefkästen mit einem „Keine Werbung“-Aufkleber versehen. Dennoch musste der klagende Wohnungseigentümer Werbung im Hausflur feststellen. Die Werbung war zwar nicht in einen Briefkasten, aber in eine Ritze zwischen einem Briefkasten und einem darunter liegenden Spalt der Briefkastenanlage geklemmt worden. Der Kläger fand, dass die unerwünschte Werbung auf diese Weise noch lästiger sei als wenn sie in den Briefkasten geworfen worden wäre. Die Beklagte trat den Ansprüchen entgegen. Sie verteidigte sich mit dem Argument, dass der Zusteller die Werbung seiner Anweisung gemäß eben nicht in die Briefkästen mit Werbeverbot eingeworfen habe. Die Briefkastenanlage sei auch Dritten zugänglich, die die Werbung ebenso hätten einwerfen können.

AG München: Anscheinsbeweis spicht gegen das werbende Unternehmen

Diese Sichtweise des Beklagten überzeugte das AG München nicht. Es spräche ein Anscheinsbeweis gegen die Beklagte. So führte das Amtsgericht (Urteil vom 18.03.2022, Az. 142 C 12408/21) aus:

Dem Wohnungsbesitzer steht das Recht aus § 862 BGB zu, sich gegen eine Beeinträchtigung seiner räumlich-gegenständlichen Sphäre durch das Aufdrängen von unerwünschtem Werbematerial zur Wehr zu setzen.  Zwar wurde im vorliegenden Fall der Werbeflyer nicht in den dem Kläger zugewiesenen Briefkasten gesteckt; der Kläger wurde jedoch jedenfalls in seinem Mitbesitz an der Briefkastenanlage und am Eingangsbereich des Mehrfamilienhauses gestört. Die Beklagte ist mittelbare Störerin, da sie Flyer der gegenständlichen Art unstreitig auch im streitgegenständlichen Zeitraum in München hat verteilen lassen. Der Einwand der Klägerin, ihre Austräger hätten die Flyer im konkreten Fall nicht verteilt, greift nicht durch. Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises kann davon ausgegangen werden, dass Handzettel eines Unternehmens auch von Werbeverteilern, die für das Unternehmen tätig sind, im Zuge von Werbeaktionen eingeworfen wurden. Hierbei handelt es sich um einen typischen Geschehensablauf. Die pauschale Behauptung, Dritte könnten Handzettel verteilt haben, steht der Bejahung des Anscheinsbeweises nicht entgegen. Der Beklagten ist es auch im Rahmen der Beweisaufnahme nicht gelungen, Tatsachen zu beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden (atypischen) Ablaufs ergibt.

Amtsgericht: keine Vertragsstrafevereinbarung mit Zusteller getroffen

Das Amtsgericht befand zudem, dass die Beklagte gehalten sei, die von ihr beauftragten Verteiler eindringlich auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Organisation und Kontrolle der Werbeaktion hinzuweisen. Sie müsse sich über den Einsatz geeigneter Schutzvorkehrungen vergewissern, Be-
anstandungen nachgehen. Schließlich müsse sie gegebenenfalls dem Anliegen durch Andro-
hung wirtschaftlicher und rechtlicher Sanktionen einen stärkeren Nachdruck verlei-
hen. Zu denken sei hier etwa an eine Vertragsstrafenvereinbarung. Dass die Beklagte derlei Maßnahmen eingeleitet habe, sei jedoch von ihr nicht einmal vorgetragen worden.

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