Das LG Hamburg hat einen Unterlassungsantrag der mecklenburg-vopommerschen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig gegen den Hamburger CDU-Chef zurückgewiesen. In dem Eilverfahren ging es um eine umstrittene Äußerung des Politikers zur Haltung Schwesigs in der Debatte um die Pipeline Nord-Stream-2. Darf man jetzt bei Markus Lanz alles behaupten?
Äußerung über Haltung in der Ukraine-Krise auf dem Prüfstand
Die Debatte um die Pipeline Nord-Stream-2 erhitzt die Gemüter. Gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine spaltet das Pipeline-Projekt die Geister. Im Zuge der Debatte zu diesem Thema kam es am 08. Februar 2022 in der Sendung „Lanz“ zu einer umstrittenen Äußerung des Hamburger CDU-Chefs Christoph Ploß über Manuela Schwesig. Kernpunkt der Kritik war, dass Schwesig auch im Angesicht eines drohenden Einmarsches Russlands in die Ukraine weiter an dem Pipeline-Projekt festhalte. In diesem Zusammenhang sagte Ploß in der ZDF-Sendung wörtlich:
„Und dann haben Sie weitere Personen in der SPD-Spitze wie Manuela Schwesig, die klar sagt, also diese Völkerrechtsverletzungen, die interessieren mich nicht. Hauptsache, die Pipeline kommt in Betrieb. Sie hat das ziemlich deutlich gesagt.“
Diese Äußerung über sich wollte Schwesig nicht gegen sich stehenlassen. Sie ließ Ploß wegen einer mutmaßlich unwahren Tatsachenbehauptung anwaltlich abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Nachdem der Hamburger Politiker die geforderte Erklärung nicht abgab, beantragte Schwesig vor dem Landgericht gegen ihn eine einstweilige Verfügung.
LG Hamburg: zugespitzte politische Meinungsäußerung zulässig
Das Langericht (Beschluss vom 22.02.2022, Az. 324 O 53/22) wies den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurück. So handele es sich Gericht bei der Äußerung bereits nicht um ein Zitat im Sinne einer wörtlichen Wiedergabe. Vielmehr sei die Äußerung als zugespitzte politische Meinungsäußerung erkennbar, was unter anderem auch in der karikierenden Vortragsweise des Politikers zum Ausdruck gekommen sei. Es handele bei einer solchen Zuspitzung um ein durchaus zulässiges Stilmittel, welches eine politische Position zusammenfassen solle. Dass es sich nicht um die Behauptung eines wörtlichen Zitats handele, komme auch im Satz „Sie hat das ziemlich deutlich gesagt“ hinreichend zur Geltung. Auch sei die Äußerung nicht nur mit Blick auf Schwesig, sondern auch bezogen auf den Bundeskanzler getätigt worden. Letztlich sei der dort erhobene Vorwurf auch nicht vollkommen aus der Luft gegriffen. So lägen Anknüpfungstatsachen vor, wonach das Schwesig trotz der Vorgänge an der ukrainischen Grenze an dem Pipeline Projekt festgehalten habe. Dies im Lichte möglicher Völkerrechtsverletzungen zu kritisieren, stelle eine zulässige politische Wertung dar.
Die unterlegene Ministerpräsidentin hätte nun die Möglichkeit, die Entscheidung des Landgerichts noch vor dem OLG Hamburg überprüfen zu lassen.
Die Hamburger Entscheidung sollte natürlich nicht zu dem Schluss verleiten, dass man im politischen Diskurs alles behaupten darf. Jedoch kommt dort jedenfalls zum Ausdruck, dass das Äußerungsrecht im politischen Dirskurs durchaus Raum auch für zugespitzte Meinungsäußerungen zulässt. Das Gericht kam hier im Lichte verschiedener Umstände des konkreten Einzelfalls zu dem Schluss, dass es sich vorliegend eben nicht um eine falsche Tatsachenbehauptung sondern um eine zulässige politische Meinungsäußerung handele, wenn auch pointiert formuliert. Die Abgrenzung ist nicht immer einfach. Die Schwelle zu einem unzulässigen Falschzitat kann schnell erreicht sein.
Rechtsanwalt Otto Freiherr Grote aus Düsseldorf berät seit mehreren Jahren persönlich zahlreiche Mandanten bundesweit in Fragen des Medien- und Äußerungsrechts. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, entweder per E-Mail unter kontakt@das-gruene-recht.de oder telefonisch (Tel.: 0211-54 20 04 64). Lesen Sie weitere Beiträge zu diesem Thema in unseren News.