Der BGH hat entschieden, dass heimlich gedrehtes Filmmaterial aus dem Inneren eines Öko-Hühnerstalls zur Aufdeckung von Misständen vom MDR verwendet werden durften. Die Hamburger Vorinstanzen hatten noch anders entschieden und sich dabei auf das Hausrecht des Stallbesitzers berufen.
Heimliche Filmaufnahmen des MDR in Öko-Hühnerstall
Im Jahr 2012 hatte der MDR im Rahmen eines Berichts über Misstände in Bio-Hühnerställen auch Filmmaterial verwendet, welches von Tierschützern illegal auf dem Gelände der Ställe angefertigt worden war. Der betroffene Erzeugerzusammenschluss klagte gegen die Veröffentlichung des Filmmaterials durch den MDR und berief sich darauf, dass es sich um heimliche Filmaufnahmen handele, die ohne Einverständnis des Hausrechteinhabers, zumal sogar im Rahmen eines Hausfriedensbruchs, entstanden seien.
LG und OLG Hamburg hatten noch zu Gunsten der Klägerin entschieden
Vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht in Hamburg war der klagende Erzeugerzusammenschluss noch erfolgreich gewesen. So hatte das OLG unter anderem darauf abgestellt, dass die Filmaufnahmen keine strafbaren Misstände gezeigt haben.
BGH: Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt vorliegend
In der Revisionsinstanz vor dem BGH hingegen obsiegte der verklagte MDR (Urteil vom 10.04.2018, Az. VI ZR 396/16); die Klage wurde abgewiesen. Zwar handele es sich bei dem beanstandeten Material um heimliche Filmaufnahmen, die geeignet seien, das Ansehen und den wirtschaftlichen Ruf der Klägerin in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Die Ausstrahlung des Filmmaterials berühre auch die Interessen der Klägerin, ihre innerbetriebliche Sphäre vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Jedoch überwiege vorliegend das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die unternehmensbezogenen Interessen der Betreiber des Öko-Stalls. Auch die Rechtswidrigkeit der illegal hergestellten Aufnahmen ändere hieran nichts. Schließlich habe der MDR sich an der Herstellung des Video-Materials selbst nicht beteiligt. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Stallbetreiber würden durch die Veröffentlichung nicht offenbart.
So heißt es in der Pressemitteilung des BGH u. a.:
Mit der Ausstrahlung der Filmaufnahmen hat die Beklagte einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage geleistet. Die Filmberichterstattung setzt sich unter den Gesichtspunkten der Verbraucherinformation und der Tierhaltung kritisch mit der Massenproduktion von Bio-Erzeugnissen auseinander und zeigt die Diskrepanz zwischen den nach Vorstellung vieler Verbraucher gegebenen, von Erzeugern oder Erzeugerzusammenschlüssen wie der Klägerin herausgestellten hohen ethischen Produktionsstandards einerseits und den tatsächlichen Produktionsumständen andererseits auf. Es entspricht der Aufgabe der Presse als „Wachhund der Öffentlichkeit“, sich mit diesen Gesichtspunkten zu befassen und die Öffentlichkeit zu informieren. Die Funktion der Presse ist nicht auf die Aufdeckung von Straftaten oder Rechtsbrüchen beschränkt.
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