BGH: Aufnahmen einer Dashcam vor Gericht als Beweis zulässig

Dürfen Aufnahmen einer Dashcam als Beweismittel vor Gericht verwendet werden? Oder sprechen datenschutzrechtliche Belange dagegen? Der BGH hat nun über diese kontrovers diskutierte Frage entschieden. Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden.

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Fast 10 Prozent der deutschen Autofahrer nutzen Dashcam

Immer mehr Autofahrer entscheiden sich dafür, eine so genannte Dashcam in ihrem Fahrzeug zu installieren. Diese kleinen Kameras sollen dazu dienen, im Falle eines Unfalls den Unfallhergang zu Beweiszwecken zu dokumentieren. Ob die Aufnahmen einer Dashcam allerdings vor Gericht als Beweis überhaupt zulässig sind, wurde von den Gerichten in der Vergangenheit unterschiedlich beantwortet.

Amtsgericht und Landgericht Magdeburg sahen Beweisverwertungsverbot

In dem vorliegenden Verkehrsunfallprozess ging es um einen Unfall, bei dem zwei linksabbiegende Autos miteinander kollidiert waren. Vor allem ging es dabei um die streitige Frage, wer der beiden Beteiligten seine Spur verlassen hatte und damit als Unfallverursacher anzusehen sei. Selbst ein gerichtlich bestellter Sachverständiger konnte jedoch aus technischer Sicht nicht beantworten, welches der Fahrzeuge den Unfall herbeigeführt hatte. Der Kläger bot als Beweismittel eine Video-Aufzeichnung des Unfalls an, die mittels der Dashcam in seinem Auto angefertigt worden war. Das Amtsgericht  Magdenburg lehnte die Verwertung des Videos jedoch ab und entschied, dass beide Parteien den Schaden jeweils zur Hälfte zu tragen haben, da sich die Schuldfrage nicht klären lasse. Die Berufung des Klägers vor dem LG Magdeburg blieb erfolglos.

BGH bejaht Verstoß gegen Datenschutzrecht

Der BGH  (Urteil vom 15.05.2018, Az. VI ZR 233/17) hob das Berufungsurteil nun auf und verwies die Sache zurück ans Landgericht. Zwar liege in der Videoaufzeichnung ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen. So stelle die Aufnahme einen Verstoß gegen § 4 BDSG dar, da die Dashcam Aufnahme ohne Einwilligung der Betroffenen erfolgt sei. Auch könne die Aufnahme auch nicht auf § 6b Abs. 1 BDSG oder § 28 Abs. 1 BDSG gestützt werden. Eine ununterbrochene Fahrtüberwachung sei nicht erforderlich, damit der Kläger seine Beweissicherungsinteressen wahrnehmen könne. So sei stattdessen denkbar, dass eine anlassbezogene Aufzeichung auch dadurch erreicht werde, dass die Aufzeichnung ständig überschrieben werde. Dadurch etwa könne eine dauerhafte Speicherung für den Unfall irrelevanter Vorgänge verhindert werden.

BGH sieht Dashcam Aufnahme dennoch als zulässiges Beweismittel an

Trotz der Unzulässigkeit der Dashcam Aufnahme sei deren Verwertung der Aufnahme zu Beweiszwecken im Haftpflichtprozess zulässig. So sei über die Frage der Verwertbarkeit im Rahmen einer Interessen- und Güterabwägung zu entscheiden. Im vorliegenden Fall würden die Interessen des klagenden Unfallbeteiligten überwiegen.

So ereignete sich das aufgezeichnete Geschehen im öffentlichen Straßenraum, in dem sich der Unfallgegner freiwillig aufhielt. Durch die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr habe sich der Beklagte auch selbt der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt. Es würden auch nur Vorgänge auf öffentlichen Straßen aufgenommen, die von jedermann wahrnehmbar sind. Für die Verwertbarkeit spreche auch die Beweisnot in vielen Unfallsachen, bei denen auch unfallanalytische Gutachten den Unfallhergang nicht rekonstruieren können. Der in der Aufzeichnung liegende Verstoß gegen Datenschutzrecht könne den Behörden gemeldet und von dieses dann gegebenenfalls mit Geldbußen geahndet werden. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte als Unfallbeteiligter ohnehin gesetzlich dazu verpflichtet gewesen wäre, personenbezogene Daten von sich (Angaben zur Person, zur Versicherung und zum Fahrzeug) preiszugeben.

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